Regie:
Guillermo del Toro, Drehbuch: Matthew Robbins, Guillermo del Toro, Musik:
Fernando Velázquez
Darsteller:
Mia Wasikowska, Tom Hiddleston, Jessica Chastain, Charlie Hunnam, Jim Beaver,
Burn Gorman, Leslie Hope, Doug Jones, Javier Botet
Im späten 19. Jahrhundert wächst Edith Cushing (Mia
Wasikowska, "Stoker") bei ihrem Vater Carter (Jim Beaver aus der TV-Serie
"Supernatural") auf, einem bodenständigen Unternehmer in Buffalo. Edith möchte
Schriftstellerin werden, blitzt bei den Verlegern jedoch ab, weil sie sich
weigert, das zu schreiben, was zu dieser Zeit von weiblichen Autoren einfach erwartet
wird: Liebesgeschichten. Als eines Tages der charmante verarmte
schottische Landadelige Thomas Sharpe (Tim Hiddleston, "The Avengers")
bei Carter als Bittsteller für die Finanzierung einer von ihm entwickelten Maschine zur
Tonförderung auftritt, ist Edith sofort fasziniert von ihm – und umgekehrt.
Obwohl sowohl Edith' Vater und ihr (offensichtlich in sie verliebter)
Jugendfreund Dr. Alan McMichael (Charlie Hunnam, "Pacific Rim") als
auch Thomas' ältere Schwester Lucille (Jessica Chastain, "Zero Dark Thirty")
Vorbehalte haben, gehen die beiden eine romantische Beziehung ein. Nach einem
tragischen Vorfall reist das junge Paar nach Schottland und zieht im
beeindruckenden, aber verfallenden Sharpe-Anwesen Allerdale Hall ein – wo Edith
jedoch schon bald Zeugin merkwürdiger Geistererscheinungen wird …
Kritik:
Eine Warnung vorweg: "Crimson Peak" ist keineswegs
jener Horrorfilm, als den ihn der Trailer vermarkten will. Stattdessen gilt
eher das, was Edith selbst im Film über eine von ihr verfaßte Erzählung sagt:
Das ist keine Geistergeschichte – es ist eine Geschichte, in der ein Geist
vorkommt. Regisseur Guillermo del Toro ("Pans Labyrinth") bezeichnet
sein Werk denn auch als Liebesgeschichte, noch treffender ist meines Erachtens
die Bezeichnung als "romantische Gruselgeschichte". Wobei ziemlich
schnell offenbar wird, daß der Inhalt von "Crimson Peak" sowieso nicht
das Wichtigste ist und folglich auch nicht zu den größten Stärken des Films zählt.
Im Vordergrund stehen nämlich in typischer (allerdings in dieser Ausprägung doch recht ungewöhnlicher) "Style over Substance"-Manier Guillermo del
Toros visuelle Kreativität und seine beachtliche Fähigkeit, wohlige
Gänsehautatmosphäre zu erzeugen. Erfahrungsgemäß reicht das alleine vielen
Zuschauern aber nicht aus – und auch ich muß gestehen, daß mich "Crimson
Peak" bei all seiner Schönheit und trotz meines ausgeprägten
Faibles für diese Art von Filmen nur so halb überzeugen kann.
Mit "diese Art von Filmen" meine ich wohlgemerkt
nicht Produktionen, in denen der Inhalt nicht so wichtig ist, sondern
klassische Gothic-Grusler, wie sie leider schon seit Jahrzehnten kaum mehr
gedreht werden. So finden sich die stilistischen Vorbilder von "Crimson
Peak" denn auch in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Stilbildende Klassiker
wie Alfred Hitchcocks meisterhafte Daphne du Maurier-Verfilmung
"Rebecca" (1940), George Cukors "Das Haus der Lady Alquist"
(1944) oder Robert Wises "Bis das Blut gefriert" (1963) sowie Hammer
Films-Produktionen der 1960er Jahre wie die "Dracula"-Reihe mit Christopher Lee oder die Edgar Allen Poe-Adaptionen eines Roger Corman ("Das
Pendel des Todes", "Satanas – Das Schloß der blutigen Bestie")
machten vor, wie man mit einer Mischung aus simplen dramaturgischen Mitteln und großem
handwerklichen Können eine faszinierend schaurige Stimmung schaffen kann. Guillermo del
Toro beherrscht diese Kunst ebenfalls, wobei neben den prachtvollen Kostümen
und dem sehr gelungenen Setdesign des heruntergekommenen Sharpe-Anwesens vor allem
die in effektiven Kamerafahrten präsentierten und mit einer sehr gelungenen Kombination aus CGI-Effekten und Schauspielerei realisierten Geister für
Begeisterung sorgen (Wortspiel nicht beabsichtigt, aber hübsch).
Unglücklicherweise konzentriert sich del Toro jedoch so sehr
auf die Atmosphäre, daß er die Handlung und die Figuren zu stark vernachlässigt.
Speziell Letzteres ist ein Kardinalfehler, denn wenn der Regisseur und (neben
Matthew Robbins, dem Verfasser eines der besten Fantasyfilme aller Zeiten:
"Der Drachentöter") Co-Autor sein Werk schon als Liebesgeschichte
bezeichnet, dann man sollte man als Zuschauer diese großen Gefühle tunlichst
nachvollziehen können. Doch so richtig wollen die Funken zwischen Edith und
Thomas einfach nicht sprühen – was auch daran liegen dürfte, daß das Drehbuch
Thomas nicht wirklich Tiefe verleiht. Damit teilt der Arme sein Schicksal
übrigens mit allen anderen männlichen Figuren des Films, denn speziell Thomas
und sein Rivale Alan bleiben die gesamten zwei Stunden hindurch kaum mehr als
Beiwerk – was angesichts Hiddlestons eigentlicher Schauspielkunst
sehr bedauerlich ist. Stattdessen legt del Toro sein Augenmerk ganz auf die
beiden Frauen in seiner Geschichte. Mia Wasikowska darf einmal mehr – nach
"Jane Eyre" oder "Madame Bovary" – zeigen, warum sie neben
Carey Mulligan und der vorwiegend für aristokratische Charaktere gebuchten Keira
Knightley das momentane "Go to Girl" schlechthin für Stoffe ist, die
zwischen dem 18. und dem frühen 20. Jahrhundert spielen; die spannendste Rolle
hat jedoch Jessica Chastain inne als undurchsichtige Lucille Sharpe, die mit
ihrer steifen, unberühbaren Eleganz und gruselig aufgesetzter Freundlichkeit Edith
gegenüber beinahe für mehr Gänsehaut sorgt als selbst die schaurig-schönen
Geistererscheinungen und Allerdale Hall erst so richtig unheimlich macht.
Grundsätzlich ist es durchaus erfrischend, einmal
auch bei einem männlichen Regisseur zwei starke Frauenfiguren zu sehen, die
den gesamten Film dominieren – nur steht deren Beziehung zueinander nun einmal
nicht im eigentlichen Mittelpunkt der Geschichte. So können Edith und Lucille
nur bedingt über die mäßig ausgeprägte Chemie zwischen Edith und ihren beiden Verehrern
hinwegtrösten. Angesichts dieses Mankos ist auch das generell sehr gemächliche
Erzähltempo nicht hilfreich, das zwar del Toros erklärten Vorbildern
entspricht, aber mit diesen Charakteren nicht durchgehend funktioniert – vor
allem nach dem Umzug nach Allerdale Hall hängt die Geschichte etwas durch und
damit bezeichnenderweise gerade in jenem Segment, in dem del Toro (nach Ansicht
des Autors dieser Zeilen mit eher bescheidenem Erfolg) versucht, die Beziehung
zwischen Edith und Thomas zu vertiefen. Hinzu kommt, daß die Entwicklung der Handlung
sehr vorhersehbar verläuft – gerade, wenn man die erwähnten Genre-Klassiker
kennt. Daß del Toro fast von Beginn an gar nicht erst versucht, das Publikum über die sinistren Hintergedanken der Sharpes im Unklaren zu lassen, ist vor diesem Hintergrund eine besonders diskussionswürdige Entscheidung, denn so hätte man zumindest für ein klein wenig Spannung sorgen können. Eigene Ideen beschränken sich größtenteils auf dekorative, aber in der Tat die wunderbare Gruselstimmung noch weiter befördernde Nebensächlichkeiten wie den roten Ton, den Thomas im direkten Umfeld von Allerdale Hall fördert und der dafür sorgt, daß zum Beispiel aus den Wasserhähnen unheilschwanger blutrotes Wasser fließt. So bleibt am Ende ein ungemein stimmungsvoller und schön anzusehender Film, dem es aufgrund
eines den großen Vorbildern gegenüber zu ehrfürchtigen Drehbuchs und zu
großer Distanz zu den handelnden Figuren nur selten gelingt, auch inhaltlich zu
begeistern.
Fazit: "Crimson Peak" ist eine liebevolle
Verneigung vor den Klassikern des lange vergessen geglaubten "Gothic
Romance"-Genres, die zwar wunderschön gestaltet ist, es aber versäumt, der generischen Handlung und den (auf männlicher Seite) allzu
schablonenhaften Charakteren einen eigenen Stempel aufzudrücken.
Wertung: 7 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen