Regie:
Peyton Reed, Drehbuch: Edgar Wright, Joe Cornish, Adam McKay, Paul Rudd,
Musik: Christophe Beck
Darsteller:
Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Corey Stoll, Michael Peña,
Anthony Mackie, Bobby Cannavale, Judy Greer, Abby Ryder Fortson, David
Dastmalchian, Tip "T.I." Harris, Wood Harris, John Slattery, Martin
Donovan, Hayley Atwell, Stan Lee, Sebastian Stan, Chris Evans
Scott Lang (Paul Rudd, "Wanderlust") ist
eigentlich ein feiner Kerl. Als der Elektrotechniker herausfand, daß in dem
Finanz-Unternehmen, für das er arbeitete, massenhaft Kundengelder veruntreut
wurden, brach er kurzerhand ein und überwies den Geprellten das gestohlene Geld
direkt von den Konten der verbrecherischen Manager. Dummerweise wurde er dabei
erwischt und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, was ihn auch seine
Ehe mit Maggie (Judy Greer, "The Descendants") kostete
und dafür sorgte, daß er logischerweise kaum noch Kontakt zu seiner kleinen und
ihn noch immer verehrenden Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson aus der
Amazon-Serie "Transparent") hatte. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis zieht Scott
bei seinem vorherigen Zellengenossen Luis (Michael Peña, "Herz aus Stahl") ein, einem etwas naiven, aber sympathischen Kleinganoven, der den darin sehr
talentierten Scott dazu überreden will, zusammen mit zwei Kumpels sofort
ein lohnendes Ding zu drehen. Scott, der unbedingt wieder zurück in die
Gesellschaft finden will, lehnt ab, doch als der Ex-Häftling partout keinen
neuen Job finden kann und ihm der Umgang mit Cassie verwehrt werden soll, wenn er
keinen Unterhalt bezahlt, erklärt er sich doch zu einem einzigen, angeblich
hochgradig profitablen Coup bereit. Wie sich herausstellt, bricht er bei dem
Erfinder Dr. Hank Pym (Michael Douglas, "Wall Street") ein, in dessen
Tresor er lediglich einen seltsamen Anzug findet. Kein Wunder, denn das
Ganze war eine Falle. Dr. Pym möchte, daß Scott für ihn und seine Tochter Hope
(Evangeline Lilly, "Der Hobbit – Smaugs Einöde") mit Hilfe ebenjenes Anzuges – der
seinen Träger auf Ameisengröße schrumpft, zugleich aber seine Kraft
vervielfacht – den skrupellosen Darren Cross (Corey Stoll, "Midnight in Paris") stoppt, der ihn aus seiner
eigenen Firma gedrängt hat und die Technologie des Anzugs an den Meistbietenden
für militärische Zwecke verschachern will …
Kritik:
Der Weg zur Realisierung von "Ant-Man" war
wahrlich nicht geradlinig und eben. Seit vielen Jahren gab es mal mehr, aber
meist weniger konkrete Pläne, nach der Jahrtausendwende immer wieder auch
befeuert durch die Leidenschaft des bei Fans beliebten, aber eigenwilligen
Regisseurs und Drehbuch-Autors Edgar Wright ("Scott Pilgrim gegen die
Welt", "Shaun of the Dead"). Entsprechend groß war die
Begeisterung bei den Comic-Anhängern, als Marvel 2012 verkündete, daß
Wright auf Grundlage des von ihm und seinem langjährigen Schreibpartner Joe
Cornish ("Attack the Block") verfaßten Drehbuches Ant-Man in das Marvel Cinematic Universe (MCU) einführen werde. Und um so gewaltiger war der Sturm der Entrüstung, als Wright
im Mai 2014 seinen Rückzug vom Projekt aufgrund kreativer Differenzen
bekanntgab. Da es nicht das erste Mal war, daß ein Marvel-Regisseur kurzfristig
absprang (Patty Jenkins bei "Thor 2"), wurde gemunkelt, daß die
Produzenten wohl keine Regisseure mit eigener Vision wollten, sondern eher nur
Mitläufer, die genau das tun, was von ihnen verlangt wird. Inwieweit an dieser
Verschwörungstheorie etwas dran ist, will und kann ich nicht beurteilen, Fakt
ist jedenfalls: Der neue Regisseur Peyton Reed ("Down with Love",
"Der Ja-Sager") hatte von Beginn an keinen leichten Stand. Und doch
haben er und Marvel offensichtlich wieder einmal viel richtig gemacht – auch
damit, die von Wright und Cornish ersonnene Geschichte im Kern beizubehalten (beide
werden weiterhin als Co-Autoren genannt), sie aber durch Hauptdarsteller Paul
Rudd und den Comedy-Experten Adam McKay ("Anchorman") verfeinern
zu lassen und geschickt in das MCU zu
integrieren.
Nachdem der erwartete Höhepunkt von Phase 2 des MCU mit
"Avengers: Age of Ultron" vor allem qualitativ doch ein Stück hinter den
turmhohen Erwartungen zurückblieb, schiebt Marvel mit "Ant-Man" also
einen neuen Solohelden hinterher, quasi als einen Epilog und gleichzeitig als Überleitung
zu Phase 3. Daran, daß "Captain America 2" der inhaltliche Höhepunkt
von Phase 2 bleibt, kann der winzige Superheld zwar nichts ändern; dafür weiß
er mit viel Humor zu punkten und dehnt die bereits beträchtliche Genrebreite des MCU (Fantasy, Kriegsfilm, Polit-Thriller, Action, Science Fiction) weiter aus.
Denn "Ant-Man" ist eine gewitzte Mischung aus Gaunerkomödie á la von "Ocean's Eleven" und Geheimagenten-Action in der Art von "Mission:
Impossible" oder James Bond – nicht grundlos endet der Abspann mit den
verheißungsvollen Worten "Ant-Man Will Return".
Wie die meisten Superhelden-Einführungsfilme beginnt auch
"Ant-Man" etwas zäh. Scott Lang und seine nicht gerade rosige
Lebenssituation – seine Frau ist jetzt mit einem Polizisten (Bobby Cannavale, "Blue Jasmine") zusammen, der es ihm nicht gerade leicht macht – werden ausführlich vorgestellt, was den Protagonisten
glaubwürdig und seine Motivation nachvollziehbar macht, aber gleichzeitig für
einen Marvel-Film doch etwas sehr das Tempo vermissen läßt. Erst nach einer
guten halben Stunde findet Dr. Pyms Wunder-Anzug erstmals Verwendung, ab dann
geht es richtig schön rund. Das ist unter anderem dem gut ausgedachten
Figurenensemble zu verdanken, denn nicht nur Paul Rudd überzeugt mit Charme und
Comedy-Timing als Superheld wider Willen, auch seine Mitstreiter werden gekonnt
in die Handlung integriert. Ganz besonders freut mich, daß Michael Douglas nicht
nur eine klassische Mentoren-Nebenrolle spielt, sondern tatsächlich ein fast
gleichwertiger Hauptdarsteller ist. Und das ist bei einem Schauspieler von
Douglas' Format für jeden Film ein Gewinn. Da zusätzlich Evangeline Lilly in der weiblichen Hauptrolle eine gute Figur abgibt und eine zwar nicht überragende,
aber doch absolut solide Leinwandchemie zu Paul Rudd offenbart, kann man die
Besetzungsabteilung eigentlich nur loben. Das gilt erst recht für die Idee,
Michael Peña und seine beiden von David Dastmalchian ("Prisoners") und dem
Rapper T.I. ("American Gangster") verkörperten Mit-Ganoven als
witzige Sidekicks einzubauen, die mehr noch als Rudd selbst für den reichlich
vorhandenen Humor im Film sorgen. Manche kritisieren, die präsentierte Komik
bewege sich auf Kinderfilm-Niveau, aber das halte ich für absurd: Nur weil
"Ant-Man" auf derbere Gags verzichtet und sich auf überwiegend
harmlosen, familiengerechten Humor konzentriert, heißt das ja
noch lange nicht, daß der irgendwie minderwertig wäre. Nein, "Ant-Man"
ist im Kern eine Komödie, die mit viel Selbstironie und
einem guten Schuß manchmal gar richtig innovativer Albernheit einfach "nur" gut unterhalten und
amüsieren will. Und das gelingt vorzüglich.
Vor allem die Sache mit der Selbstironie zieht
"Ant-Man" mit bemerkenswerter Konsequenz durch. Das beginnt bei zahlreichen Anspielungen und launigen Bemerkungen zur theoretischen Lächerlichkeit eines
winzigen Superhelden, der von Ameisen unterstützt wird (die im Trailer
verwendete Szene, in der Scott ohne viel Hoffnung fragt, ob man den Namen noch
ändern könne, ist ein gutes Beispiel dafür) und kulminiert in einem extrem
spaßigen Showdown mit Bösewicht Darren Cross, der mit seiner eigenen
Anzug-Version als "Yellowjacket" das finale Duell mit Ant-Man auf
einer Spielzeug-Eisenbahn bestreitet! Wie Regisseur Reed dabei immer wieder
kurz in die Totale umblendet und aus "menschlicher" Sicht auf den
absurden Kampf im Miniaturformat herabblickt, ist einfach nur herrlich und
funktioniert ganz nebenbei als prägnanter Gegenentwurf zum gewaltigen "Avengers
2"-Bombast. Neben dieser indirekten Anspielung gibt es natürlich auch
wieder die üblichen direkten MCU-Verbindungen, inklusive
eines Gastauftritts eines anderen Superhelden. Besonders nett ist auch der
Prolog, in dem wir einen jungen Hank Pym (der unter Mithilfe der CGI-Abteilung tatsächlich aussieht wie Michael
Douglas zu "Wall Street"-Zeiten) gemeinsam mit Tony Starks Vater Howard (John Slattery, der die
Rolle bereits in "Iron Man 2" spielte) und Captain Americas großer
Liebe Peggy Carter (Hayley Atwell, die im Alters-Makeup allerdings kaum zu
erkennen ist) erleben.
Die Handlung selbst ist nicht übermäßig originell, jedoch für
den allerersten Ant-Man-Einsatz passend. Vor allem die Einbruch-Sequenzen
sind elegant in Szene gesetzt und stets passend untermalt von einer Musik, die
Komponist Christophe Beck ("Edge of Tomorrow") deutlich verspielter
gestaltet hat als es bei den bisherigen, eher actionlastigen Marvel-Scores der
Fall war. Ein Highlight ist zudem, wie Ant-Mans kleine Helfer in die Story
integriert werden: Die Ameisen, die von Scott in seinem Anzug gelenkt werden
können, spielen buchstäblich eine tragende Rolle, ohne ihre Unterstützung wäre
unser etwas anderer Superheld doch ziemlich aufgeschmissen. Gerade die "Mini-Sequenzen"
sind optisch sehr überzeugend inszeniert, auch bei den Action- und Kampfszenen
herrscht die gewohnte Marvel-Qualität vor (was aber auch bedeutet, daß der
3D-Einsatz wie üblich kaum Mehrwert liefert). Daß es Peyton Reed sogar gelingt,
einzelne der kleinen Tierchen als individuelle Persönlichkeiten zu etablieren,
mit denen man allen Ernstes mitfühlt und -fiebert, ohne daß man sich dabei
lächerlich vorkommt (allen voran mit Scotts "Transport-Ameise" namens
Ant-ony), spricht definitiv für sein Können – und das der Autoren, versteht
sich. Leider gilt das nicht für Darren Cross als Oberschurken des Films.
Generell hinterlassen die Bösewichter im MCU bislang ja eher wenig Eindruck – bis auf den ambivalenten Thor-Gegenspieler Loki –, da macht Yellowjacket
keine Ausnahme. Corey Stoll spielt den Ehrgeizling und einstigen Schüler von
Dr. Pym, der von dessen "Verrat" an ihm noch immer zutiefst gekränkt
ist, zwar schön fies, angesichts der Klischeehaftigkeit der Figur hält sich die
Wirkung auf das Publikum aber in engen Grenzen – zumal Darren Cross sowieso
nicht allzu viel zu tun bekommt. Er ist nun einmal nur das erste Hindernis eines
neuen, noch unerfahrenen und in der Anwendung seiner Kräfte ungeübten Superhelden, das kann eben kein ikonischer und schier unbesiegbarer Antagonist á la Thanos
oder (bei DC) der Joker sein. In dramaturgischer Hinsicht ist das absolut nachvollziehbar,
es hindert den Film aber trotzdem daran, ein voller Erfolg zu sein.
Abschließend will ich ein weiteres Mal nicht vergessen zu
erwähnen, daß es natürlich wieder zwei zusätzliche Szenen gibt. Die erste, in
der Mitte des Abspanns, deutet wohl auf eine eventuelle
"Ant-Man"-Fortsetzung hin (oder sogar bereits auf den dritten
"Avengers"-Teil), die zweite ganz am Ende stellt eine direkte Überleitung
zu "Captain America 3: Civil War" dar. Immerhin scheinen sich die
zusätzlichen Szenen nach nur einem knappen Jahrzehnt langsam doch schon herumzusprechen, denn dieses Mal hat außer mir
immerhin genau ein anderer Zuschauer im Saal beide Boni zu Gesicht bekommen …
Fazit: "Ant-Man" ist eine unterhaltsame Gaunerkomödie,
die neben der gelungenen Besetzung mit Humor und viel Selbstironie punktet; daß
die Handlung nichts wirklich Besonderes ist und der Bösewicht eher blaß bleibt,
sorgt allerdings für Abzüge in der B-Note.
Wertung: 7,5 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen.
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