Mittwoch, 15. April 2015

SHAUN DAS SCHAF – DER FILM (2015)

Originaltitel: Shaun the Sheep Movie
Regie und Drehbuch: Mark Burton und Richard Starzak, Musik: Ilan Eshkeri
"Sprecher": Justin Fletcher, John Sparkes, Omid Djalili, Kate Harbour, Richard Webber, Tim Hands, Andy Nyman, Nick Park
 Shaun the Sheep Movie
(2015) on IMDb Rotten Tomatoes: 99% (8,1); weltweites Einspielergebnis: $106,2 Mio.
FSK: 0, Dauer: 85 Minuten.

Shaun und die übrigen Schafe sind den immer gleichen Alltag auf dem Bauernhof leid, also beschließt Shaun, ihnen einen freien Tag zu organisieren. Dafür muß aber der Farmer irgendwie ausgeschaltet werden – und dieses "irgendwie" endet aufgrund einer Verkettung hochgradig ungewöhnlicher Zufälle damit, daß der Farmer mit Gedächtnisverlust in der Stadt landet, wo er unverhofft Karriere als Star-Friseur macht! Dummerweise bedeutet das aber auch, daß sich auf dem Bauernhof keiner mehr um die Tiere kümmert, und so machen sich Shaun, Hund Bitzer und die übrige Schafherde inkognito auf in die große Stadt, um den Farmer zurückzubringen. Als größte Komplikation dabei erweist sich ein fieser Tierfänger …

Kritik:
Gäbe es das britische Studio Aardman Animations nicht – man müßte es erfinden! Während Hollywood seit Jahren komplett auf computergenerierte 3D-Animationsfilme setzt (und damit viele Erfolge feiert, allen voran Disneys Megahit "Die Eiskönigin") und fast nur noch das kleine Studio Laika mit Stop Motion-Filmen wie "ParaNorman" oder zuletzt "Die Boxtrolls" für etwas stilistische Abwechslung sorgt, halten die Briten von Aardman Animations standhaft die Kunst des Knetfiguren-Animationsfilm hoch. Und das erfreulicherweise meist mit einer bemerkenswert hohen inhaltlichen Qualität. Nachdem im Jahr 2012 ihr letzter 3D-Kinofilm "Die Piraten! Ein Haufen merkwürdiger Typen" allerdings in jeder Hinsicht hinter den Erwartungen zurückblieb, sorgt nun das kleine Schaf namens Shaun (übrigens in 2D) für ein Comeback auf höchstem humoristischen Niveau!

Eingeführt wurde Shaun vor 20 Jahren in Nick Parks kultigem Kurzfilm "Wallace & Gromit – Unter Schafen", 2007 wurde er zur Hauptfigur seiner eigenen TV-Kinderserie, die es bis dato auf sechs Staffeln bringt. Die Serie habe ich nie gesehen, insofern sind mir beim Kinofilm bestimmt einige Insider-Gags – vor allem bezüglich der Nebenfiguren – entgangen, aber auch so ist "Shaun das Schaf – Der Film" ein echter Hit. Da von den Protagonisten im gesamten Film kein klares Wort gesprochen, sondern lediglich unverständlicher Kauderwelsch abgesondert wird (daher habe ich oben "Sprecher" in Anführungszeichen gesetzt), handelt es sich im Grunde genommen um einen Stummfilm. Das Regie- und Drehbuch-Duo Burton und Starzak nutzt diese Prämisse weidlich aus, um Shauns Rettungsaktionen in der nicht eben tierfreundlichen Stadt mit jeder Menge Slapstick anzureichern, der stets liebenswert-sympathisch daherkommt und zudem herausragend gut animiert ist. Überhaupt ist die Detailverliebtheit sowohl bei den Figuren als auch bei den "Kulissen" wieder einmal bemerkenswert, auch wenn das bei einer Aardman-Produktion niemanden mehr überraschen dürfte.

In erster Linie setzt "Shaun das Schaf – Der Film" natürlich auf Humor, der – auch wenn es wie ein typischer Werbespruch klingt – in der Tat Zuschauer jeden Alters erfreuen dürfte und dabei nicht mit subtilen Referenzen an die (Stummfilm-)Meister ihres Fachs wie Charlie Chaplin oder Harold Lloyd geizt. Und alleine die buchstäblich haarsträubende Idee, den gedächtnislosen Farmer eine Karriere als Friseur machen zu lassen, weil er sich instinktiv an seine (ziemlich robusten) Handgriffe beim Scheren der Schafe erinnert und diese zur allgemeinen Begeisterung spontan an einem beliebten Promi anwendet – einfach köstlich! Zugegeben, die Handlung an sich ist insgesamt nicht übermäßig originell, sondern eher Mittel zum Zweck; der da heißt: eine hinreißend komische Sketch-Sequenz – gerne auch einmal eine turbulent-phantasievolle Verfolgungsjagd – an die andere zu reihen. Gleichzeitig versäumt es der Film nicht, das Herz anzusprechen; zu diesem Zweck haben die Filmemacher viel Arbeit in die Figurenzeichnung gesteckt. Obwohl selbstredend der Kampf der Schafe (und des loyalen Hundes Bitzer) gegen die Amnesie des Farmers schon für rührende Szenen sorgt, ist das abolute Highlight in dieser Hinsicht eine ziemlich häßliche, aber dafür herzensgute Straßenhündin, die Shaun, Bitzer und Konsorten vor allem gegen den Tierfänger hilft und dafür am Ende – dieser Spoiler sei erlaubt, denn überraschend kommt die Entwicklung nicht wirklich – reich belohnt wird.

Wenn ich an diesem wunderbaren Film überhaupt etwas zu kritisieren habe, dann sind es zwei Dinge: Erstens ist mir die Songauswahl etwas zu gefällig, zu … gewöhnlich ausgefallen. Das stört nicht direkt, weil es wiederum auch kein atmosphärisch unpassender reiner Mainstream-Pop-Soundtrack ist, aber für ein so außergewöhnliches Werk wie dieses hätte ich mir doch eine etwas ausgefallenere musikalische Begleitung gewünscht, zu der man ein besseres Urteil als "gut" fällen könnte. Zweitens, was schwerwiegender ist, finde ich die finale Konfrontation zwischen den Tieren und dem Hundefänger übertrieben dramatisch. Das wirkt ein wenig wie ein Anbiedern an die Hollywood-Konventionen mit einem möglichst spektakulären, actiongeladenen Showdown, was angesichts der vielen eigenständigen Qualitäten des OSCAR-nominierten "Shaun das Schaf – Der Film" völlig unnötig ist. Außerdem könnte dieses Finale für ganz kleine Zuschauer doch etwas arg furchteinflößend sein, auch wenn die Auflösung selbstverständlich nicht allzu lange auf sich warten läßt und dann wieder absolut kindgerecht ausfällt.

Fazit: "Shaun das Schaf – Der Film" ist ein temporeicher Knetgummi-Animationsfilm, der mit detailverliebter Inszenierung, einer (auch ohne Worte) sorgfältigen Figurenzeichnung und einem grundsympathischen Slapstick-Humor allerbeste Unterhaltung für Zuschauer jedweden Alters bietet.

Wertung: 9 Punkte.


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