Originaltitel: Shaun the Sheep Movie
Regie und Drehbuch: Mark Burton und Richard Starzak, Musik:
Ilan Eshkeri
"Sprecher": Justin Fletcher, John Sparkes, Omid
Djalili, Kate Harbour, Richard Webber, Tim Hands, Andy Nyman, Nick Park
FSK: 0, Dauer: 85 Minuten.
Shaun und die übrigen Schafe sind den immer gleichen Alltag
auf dem Bauernhof leid, also beschließt Shaun, ihnen einen freien Tag zu
organisieren. Dafür muß aber der Farmer irgendwie ausgeschaltet werden –
und dieses "irgendwie" endet aufgrund einer Verkettung hochgradig
ungewöhnlicher Zufälle damit, daß der Farmer mit Gedächtnisverlust in der Stadt
landet, wo er unverhofft Karriere als Star-Friseur macht! Dummerweise bedeutet
das aber auch, daß sich auf dem Bauernhof keiner mehr um die Tiere kümmert, und
so machen sich Shaun, Hund Bitzer und die übrige Schafherde inkognito auf in
die große Stadt, um den Farmer zurückzubringen. Als größte Komplikation dabei erweist
sich ein fieser Tierfänger …
Kritik:
Gäbe es das britische Studio Aardman Animations nicht – man
müßte es erfinden! Während Hollywood seit Jahren komplett auf
computergenerierte 3D-Animationsfilme setzt (und damit viele Erfolge feiert,
allen voran Disneys Megahit "Die Eiskönigin") und fast nur noch das
kleine Studio Laika mit Stop Motion-Filmen wie "ParaNorman" oder
zuletzt "Die Boxtrolls" für etwas stilistische Abwechslung sorgt,
halten die Briten von Aardman Animations standhaft die Kunst des Knetfiguren-Animationsfilm
hoch. Und das erfreulicherweise meist mit einer bemerkenswert hohen inhaltlichen
Qualität. Nachdem im Jahr 2012 ihr letzter 3D-Kinofilm "Die Piraten! – Ein Haufen merkwürdiger Typen" allerdings
in jeder Hinsicht hinter den Erwartungen zurückblieb, sorgt nun das kleine Schaf namens Shaun (übrigens
in 2D) für ein Comeback auf höchstem humoristischen Niveau!
Eingeführt wurde Shaun vor 20 Jahren in Nick Parks kultigem
Kurzfilm "Wallace & Gromit – Unter Schafen", 2007 wurde er zur
Hauptfigur seiner eigenen TV-Kinderserie, die es bis dato auf sechs Staffeln
bringt. Die Serie habe ich nie gesehen, insofern sind mir beim Kinofilm
bestimmt einige Insider-Gags – vor allem bezüglich der Nebenfiguren –
entgangen, aber auch so ist "Shaun das Schaf – Der Film" ein echter
Hit. Da von den Protagonisten im gesamten Film kein klares Wort gesprochen,
sondern lediglich unverständlicher Kauderwelsch abgesondert wird (daher habe
ich oben "Sprecher" in Anführungszeichen gesetzt), handelt es sich im
Grunde genommen um einen Stummfilm. Das Regie- und Drehbuch-Duo Burton und
Starzak nutzt diese Prämisse weidlich aus, um Shauns Rettungsaktionen in der nicht eben tierfreundlichen
Stadt mit jeder Menge Slapstick anzureichern, der stets liebenswert-sympathisch daherkommt und zudem herausragend gut animiert ist. Überhaupt ist
die Detailverliebtheit sowohl bei den Figuren als auch bei den
"Kulissen" wieder einmal bemerkenswert, auch wenn das bei
einer Aardman-Produktion niemanden mehr überraschen dürfte.
In erster Linie setzt "Shaun das Schaf – Der Film" natürlich auf Humor, der – auch wenn es wie ein typischer
Werbespruch klingt – in der Tat Zuschauer jeden Alters erfreuen dürfte und
dabei nicht mit subtilen Referenzen an die (Stummfilm-)Meister ihres Fachs wie
Charlie Chaplin oder Harold Lloyd geizt. Und alleine die buchstäblich haarsträubende Idee, den gedächtnislosen Farmer eine Karriere als Friseur machen zu lassen, weil er sich instinktiv an seine (ziemlich robusten) Handgriffe beim Scheren der Schafe erinnert und diese zur allgemeinen Begeisterung spontan an einem beliebten Promi anwendet – einfach köstlich! Zugegeben, die Handlung an sich ist insgesamt nicht übermäßig originell,
sondern eher Mittel zum Zweck; der da heißt: eine hinreißend komische Sketch-Sequenz
– gerne auch einmal eine turbulent-phantasievolle Verfolgungsjagd – an die andere
zu reihen. Gleichzeitig versäumt es der Film nicht, das Herz
anzusprechen; zu diesem Zweck haben die Filmemacher viel Arbeit in die
Figurenzeichnung gesteckt. Obwohl selbstredend der Kampf der Schafe (und des
loyalen Hundes Bitzer) gegen die Amnesie des Farmers schon für rührende Szenen
sorgt, ist das abolute Highlight in dieser Hinsicht eine ziemlich häßliche,
aber dafür herzensgute Straßenhündin, die Shaun, Bitzer und Konsorten vor allem
gegen den Tierfänger hilft und dafür am Ende – dieser Spoiler sei erlaubt, denn
überraschend kommt die Entwicklung nicht wirklich – reich belohnt wird.
Wenn ich an diesem wunderbaren Film überhaupt etwas zu
kritisieren habe, dann sind es zwei Dinge: Erstens ist mir die Songauswahl
etwas zu gefällig, zu … gewöhnlich ausgefallen. Das stört nicht direkt, weil es
wiederum auch kein atmosphärisch unpassender reiner Mainstream-Pop-Soundtrack ist, aber für ein so
außergewöhnliches Werk wie dieses hätte ich mir doch eine etwas ausgefallenere
musikalische Begleitung gewünscht, zu der man ein besseres Urteil als
"gut" fällen könnte. Zweitens, was schwerwiegender ist, finde ich
die finale Konfrontation zwischen den Tieren und dem Hundefänger übertrieben
dramatisch. Das wirkt ein wenig wie ein Anbiedern an die Hollywood-Konventionen
mit einem möglichst spektakulären, actiongeladenen Showdown, was angesichts der
vielen eigenständigen Qualitäten des OSCAR-nominierten "Shaun das Schaf – Der Film" völlig
unnötig ist. Außerdem könnte dieses Finale für ganz kleine Zuschauer doch etwas arg
furchteinflößend sein, auch wenn die Auflösung selbstverständlich nicht allzu lange
auf sich warten läßt und dann wieder absolut kindgerecht ausfällt.
Fazit: "Shaun das Schaf – Der Film" ist ein
temporeicher Knetgummi-Animationsfilm, der mit detailverliebter Inszenierung, einer (auch
ohne Worte) sorgfältigen Figurenzeichnung und einem grundsympathischen
Slapstick-Humor allerbeste Unterhaltung für Zuschauer jedweden Alters bietet.
Wertung: 9 Punkte.
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