Donnerstag, 25. Juli 2013

TRIANGLE – DIE ANGST KOMMT IN WELLEN (2009)

Regie und Drehbuch: Christopher Smith, Musik: Christian Henson
Darsteller: Melissa George, Michael Dorman, Liam Hemsworth, Rachael Carpani, Henry Nixon, Emma Lung, Joshua McIvor, Bryan Probets
Triangle
(2009) on IMDb Rotten Tomatoes: 79% (6,5); weltweites Einspielergebnis: $1,3 Mio.
FSK: 16, Dauer: 95 Minuten.
Jess (Melissa George, "30 Days of Night") ist eine hart arbeitende alleinerziehende Mutter eines autistischen Sohnes. Da ist der Bootsausflug, den ihr ihr neuer, wohlhabender Freund Greg (Michael Dorman, "Daybreakers") vorschlägt, genau die richtige Abwechslung. Zu siebt (darunter Liam Hemsworth aus "Die Tribute von Panem") macht man sich auf den Weg, gerät jedoch unvermittelt in einen Sturm, der aus dem Nichts zu kommen scheint und die Yacht zum Kentern bringt. Glücklicherweise können sich die Schiffbrüchigen bereits weniger später auf einen alten, heruntergekommenen Ozeandampfer retten. Dieser scheint aber komischerweise vollkommen menschenleer zu sein. Doch immer wieder glaubt vor allem Jess, aus dem Augenwinkel heraus jemanden wahrzunehmen ...

Kritik:
Eigentlich schätze ich den Briten Christopher Smith als sehr soliden Regisseur und Autor von Genrefilmen, denen man seine Leidenschaft für die Geschichten jederzeit ansieht. Sein Debüt "Creep" mit Franka Potente war ein zwar reichlich unorigineller, aber erfrischend geradliniger und ungemein effektiver Horrorfilm, der im Londoner U-Bahn-System spielt. Danach folgte mit der herrlichen Splatter-Komödie "Severance" noch eine deutliche Steigerung, 2010 lieferte er mit "Black Death" mit Sean Bean ein unkonventionelles, im tiefsten Mittelalter angesiedeltes Mystery-Drama ab. Ein Jahr zuvor realisierte Smith "Triangle – Die Angst kommt in Wellen", seinen bis dato ambitioniertesten Film, dessen Handlung so viele Wendungen nimmt, daß man – passend zur Thematik – droht, seekrank zu werden. Das klingt durchaus vielversprechend und wurde von vielen Kritikern und Genrefreunden auch sehr wohlwollend aufgenommen. Für mich ist "Triangle" jedoch der mit Abstand schwächste Film von Christopher Smith.

Zugegeben, die obige kurze Inhaltsangabe klingt überhaupt nicht ambitioniert, sondern vielmehr nach einem generischen Horrorfilm von der Stange. Das ist "Triangle" auch, allerdings nur im ersten Drittel, das als Kombination aus Phillip Noyces Psycho-Thriller "Todesstille" mit Nicole Kidman und Steve Becks US-Horrorfilm "Ghost Ship" mit Gabriel Byrne aufgrund der subtil unheilverkündenden, atmosphärischen Inszenierung trotzdem gut funktioniert. Nach diesem ersten Akt setzt jedoch die angesprochene Ambition ein. Smith wollte ganz offensichtlich nicht einfach nur irgendeinen weiteren Horrorfilm drehen, sondern er wollte ein klassisches Filmrätsel á la David Lynch oder Stanley Kubrick (dessen "The Shining" Smith als Hauptinspirationsquelle für "Triangle" nennt, was in der Tat kaum zu übersehen ist) schaffen.

Da ich im folgenden zum Zwecke einer genaueren Filmanalyse in Details gehen muß, die zwar von mir vage gehalten werden, aber dennoch jemandem, der den Film noch sehen will, bereits etwas zu viel verraten könnten, gilt für die folgenden beiden Abschnitte eine ausdrückliche Spoilerwarnung!

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Dieses Filmrätsel hat mit diversen Zeitschleifen zu tun. Und genau damit habe ich ein gewaltiges Problem. Zwar geht es nicht um klassische Zeitreisen – zu deren cineastischer Behandlung ich seit jeher ein sehr zwiespältiges Verhältnis habe –, aber leider führt die "Triangle"-Handlung zu mindestens ebenso großen Paradoxa und sonstigen Logikfehlern. Zugegebenermaßen hat Smith sich sichtlich viel Mühe gegeben, um alles rund wirken zu lassen und auf möglichst jedes Detail zu achten; und in der Tat will ich gar nicht verneinen, daß "Triangle" ein cleverer Film ist. Nur ist er lange nicht so clever, wie er glaubt.

Daß ich mich mit der Storyentwicklung so wenig anfreunden kann, liegt hauptsächlich darin begründet, daß sie zu sehr und vor allem zu offensichtlich vorher festgelegten Schienen folgt. Ein aufmerksamer Beobachter merkt allzu deutlich, daß die Charaktere nicht oder zumindest nur selten so handeln, wie es normal, rational oder logisch wäre, sondern haargenau so, wie sie es tun müssen, damit die Handlung sich so entwickelt, wie sie es laut Drehbuch tun soll. Nun mag man zugunsten von Christopher Smith einwenden, daß Menschen erwiesenermaßen gerade in Extremsituationen nicht zwangsläufig normal, rational oder logisch handeln. Aber dieses Argument lasse ich vielleicht bei der ersten extremen Verhaltensweise gelten und auch noch bei der zweiten oder dritten – aber irgendwann wird es vom schlüssigen Argument zur faulen Ausrede. "Triangle" hat diese Grenze für mich weit überschritten, auch wenn einige dieser konstruierten Wendungen für sich genommen sehr effektiv sind. Am schlimmsten finde ich dabei, daß die Geschichte überhaupt nur aufgrund eines gigantischen Deus ex Machina funktionieren kann (den man wenigstens wohl erst kurz vor Ende des Films erkennen kann). Aber auch ansonsten konnte ich den handwerklich gut gemachten und von Melissa George als eindeutiger Hauptdarstellerin souverän getragenen Film ab dem zweiten Drittel nie einfach nur genießen, weil ich ständig darüber nachdenken mußte, was vor allem Jess anders machen könnte, sollte oder sogar müßte. Hinzu kommt, daß man als Zuschauer zu oft einen deutlichen Wissensvorsprung gegenüber den Filmfiguren hat, was in manchen Passagen für gepflegte Langeweile sorgt.

Um das Ganze nun wieder spoilerfrei zusammenzufassen: "Triangle" ist ein Film, der nur dann beim Zuschauer seine beabsichtigte Wirkung entfalten kann, wenn dieser dazu bereit ist, Logik und Glaubwürdigkeit mehr oder weniger komplett außer Acht zu lassen. In diesem Fall ist es sehr wohl möglich, dieses Film gewordene Rätsel in vollen Zügen auszukosten und sich anschließend in Theorien über eine sinnige Interpretation des Gesehenen zu ergehen. Ich konnte das hier leider nur ansatzweise, obwohl ich beispielsweise David Lynchs "Mulholland Drive" liebe ...

Fazit: "Triangle – Die Angst kommt in Wellen" ist ein ambitionierter Mystery-Thriller, der von einer unheimlichen Atmosphäre und der starken Leistung der Hauptdarstellerin Melissa George zehrt, dessen Handlung aber allzu stark konstruiert ist und mit oft wenig nachvollziehbaren Verhaltensweisen der Figuren die Bereitschaft des Publikums zur willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit ("suspension of disbelief") offensiv herausfordert.

Wertung: 5,5 Punkte.  


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