Freitag, 26. Juli 2013

WOLVERINE – WEG DES KRIEGERS (3D, 2013)

Originaltitel: The Wolverine
Regie: James Mangold, Drehbuch: Mark Bomback und Scott Frank, Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Hugh Jackman, Tao Okamoto, Hiroyuki Sanada, Rila Fukushima, Famke Janssen, Haruhiko Yamanouchi, Will Yun Lee, Svetlana Khodchenkova, Brian Tee, Ken Yamamura
 The Wolverine
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 71% (6,3); weltweites Einspielergebnis: $414,8 Mio.
FSK: 12, Dauer: 126 Minuten

Nach den dramatischen Geschehnissen aus "X-Men: Der letzte Widerstand" ist Logan (Hugh Jackman, "Les Misérables") ein Wrack. In seinen Alpträumen verfolgt von der toten Jean Grey (Famke Janssen, "Hänsel und Gretel: Hexenjäger"), wandert er durch die nordamerikanischen Wälder, in denen er aber auch nicht wirklich zur Ruhe kommt. Als Logan sich eines Tages in einer Bar mit einigen Jägern anlegt, die verbotenerweise ihre Pfeile mit Gift bestreichen, kommt ihm unverhofft (und eigentlich unnötigerweise) die zierliche, aber kampfstarke Japanerin Yukio (Model Rila Fukushima) zur Hilfe. Nach dem sehr kurzen Kampf eröffnet sie Logan, daß sie sich im Auftrag ihres Meisters bereits sein einem Jahr auf der Suche nach ihm befindet: Im Zweiten Weltkrieg hatte Logan dem jungen japanischen Soldaten Yashida das Leben gerettet, nun liegt der inzwischen zum Eigentümer eines mächtigen Industriekonzerns aufgestiegene Mann (Hal Yamanouchi, "Die Tiefseetaucher") im Sterben und will sich persönlich von seinem früheren Schutzengel verabschieden. Dieser willigt ein und wird von Yashida mit einem Angebot empfangen: Er ist überzeugt, daß er Logan von der Unsterblichkeit, die ihn so quält, befreien und sie auf sich selbst übertragen kann. Logan lehnt zwar ab, greift aber wenig später ein, als Yashidas schöne Enkeltochter Mariko (Tao Okamoto, ebenfalls ein hauptberufliches Model) von Yakuza entführt werden soll ...

Kritik:
Irgendwie erweisen sich die Großproduktionen des Sommers 2013 als qualitativ und strukturell ziemlich gleichförmig. Ob "Iron Man 3", "Star Trek Into Darkness", "Der große Gatsby", "Man of Steel", "World War Z", "Die Unfaßbaren" oder "Pacific Rim" – alles gefällige bis richtig gute Blockbuster mit grandiosen Schauwerten, sehr guten Schauspielern und spektakulären Action-Sequenzen, aber eben auch mit ganz bewußt einkalkulierten Defiziten in Sachen Handlung und Figurenzeichnung. Natürlich gab es ebenfalls ein paar mutmaßlich schlechtere Sommerfilme, die ich gar nicht erst gesehen habe ("After Earth", "Hangover 3"), aber im Großen und Ganzen fehlt dem Sommer 2013 einfach die Abwechslung und vor allem natürlich ein echtes Highlight á la "The Dark Knight". James Mangolds ("Walk the Line") X-Men-Spin-Off "Wolverine – Weg des Kriegers" fügt sich qualitativ nahtlos in die Reihe der genannten Produktionen ein, strukturell schlägt er aber immerhin einen etwas anderen Weg ein.

Sollte man "Wolverine" in Relation zu anderen Superheldenfilm setzen, dann wäre wohl Ang Lees "Hulk" der passendste Vergleich. Das mag erstmal abschreckend klingen, da "Hulk" ja im Fanbereich als Paradebeispiel einer mißglückten Comicadaption gilt. Und es ist tatsächlich anzunehmen, daß rein actionorientierten Comicfreunden James Mangolds Erzählansatz lange Zeit zu dialog- und charakterzentriert ist. Was wiederum eine gute Nachricht für Anhänger etwas anspruchsvollerer Sommer-Blockbuster ist. Leider hält "Wolverine" diesen Ansatz jedoch nicht konsequent genug durch und geht in der zweiten Filmhälfte immer stärkere Kompromisse ein, indem er doch noch die offenbar obligatorischen Elemente einer Superhelden-Verfilmung (Liebesgeschichte im Mittelteil, viel Action im Finale) in die Handlung integriert – selbst wenn sie eher unpassend wirken.

Der Auftakt mit dem an seiner unsterblichen Identität als Wolverine zweifelnden Logan dagegen ist richtig gut umgesetzt. Hugh Jackman transportiert die nagenden Zweifel und Selbstvorwürfe ebenso hervorragend auf die Leinwand wie den nur mühsam unterdrückten Zorn, wenn wieder einmal jemand gegen sein stark ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl verstößt (aber auch sein allseits beliebter trockener Humor kommt zum Glück hin und wieder noch zum Tragen). Die regelmäßige Traum-Zwiesprache mit seiner großen Liebe Jean Grey verstärkt das ungewohnte Gefühl von Verletzlichkeit dieses sonst so unbezwingbaren Kämpfers noch, weshalb Yashidas nicht ganz selbstloses Angebot, Logans Kräfte für diesen zu übernehmen, eigentlich genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Natürlich sind Selbstzweifel im Angesicht übernatürlicher Fähigkeiten kein ganz neues Thema im Genre – bereits bei Russel Mulcahys "Highlander" spielte das eine bedeutende Rolle, erst wenige Monate vor "Wolverine" quälte sich Tony Stark in "Iron Man 3" mit ähnlichen Bedenken herum. Doch James Mangold, ein Regisseur mit vielfach bewiesenem Talent in Sachen Figurenzeichnung, setzt die Thematik überzeugend um und gibt seinem Hauptdarsteller deutlich mehr Raum zur schauspielerischen Entfaltung als der durchschnittliche Superheldenfilm. Wie gesagt: zu Beginn.

Dann greifen jedoch die Yakuza an, Logan muß die liebreizende Mariko retten und an einen sicheren Ort bringen, wo sich die beiden selbstverständlich ineinander verlieben – während Logan feststellt, daß er nach einer Attacke durch die Mutantin Viper (Svetlana Khodchenkova, "Dame, König, As, Spion") tatsächlich langsam seine Kräfte zu verlieren scheint. Letzteres unterstreicht paßgenau Logans Dilemma und ist somit theoretisch eine konsequente Weiter-entwicklung der begonnenen Story, deren Möglichkeiten nun jedoch unglücklicherweise kaum noch ausgespielt werden. Vor lauter Kampfszenen auf der einen Seite (die Verfolger geben natürlich nicht einfach so auf) und Liebes-Tändeleien auf der anderen gerät der emotionale Kern der Geschichte zunehmend aus dem Blickfeld. Dabei ist vor allem die Romanze vollkommen überflüssig, da sie dramaturgisch die Handlung nicht weiterbringt und ihre Entwicklung zudem kaum nachvollziehbar ist. Wenn überhaupt, dann hätte man sich eher eine zumindest offensive Flirterei zwischen Logan und der resoluten Yukio gewünscht, zumal Hugh Jackman und Rila Fukushima hervorragend miteinander harmonieren (weshalb es eine sehr gute Nachricht ist, daß am Ende angedeutet wird, Yukio könnte auch in weiteren X-Men- respektive Wolverine-Filmen eine tragende Rolle spielen). Aber nein, Logan verliebt sich in die brave Mariko. Warum auch immer, denn in den gezeigten Szenen läßt sich eine ernsthafte Anziehungskraft zwischen den beiden kaum ausmachen.

Ein weiteres Manko des Films ist, daß die Bösen wenig Eindruck hinterlassen. Lange Zeit ist nicht einmal so richtig klar, wer genau der Hauptbösewicht von "Wolverine – Weg des Kriegers" sein soll. Klar, Marikos skrupelloser Vater Shingen (Hiroyuki Sanada, "Sunshine") ist sicher kein Engel, die Yakuza sind sowieso böse, die Mutantin Viper ist es auch. Doch von letzterer erfährt man kaum etwas, dennoch ist schnell klar, daß sie kaum die Drahtzieherin der ganzen Angelegenheit sein kann. Später hat dann auch noch der Silver Samurai einen Auftritt, der in den Comics wohl so etwas wie ein Erzfeind von Wolverine ist, hier jedoch kaum mehr als Mittel zum Zweck (welcher ein actionreicher Showdown ist). Etwas interessanter wirkt immerhin Marikos Kindheitsfreund Harada (Will Yun Lee, "James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag"), der zunächst Logan hilft, dann aber doch mit Viper zusammenzuarbeiten scheint und somit schwer einzuschätzen bleibt. Seine Figur verleiht der Handlung ein bißchen mehr Tiefe, bleibt letztlich aber zu sehr am Rand, um wirklich einen Unterschied zu machen. Letztlich ist und bleibt es nun einmal ein Wolverine-Film, und unter der in der ersten Hälfte lobenswerten Sorgfalt, die der Figur des Logan zuteil wird, müssen zwangsläufig alle verbliebenen Charaktere etwas leiden.

Wie gesagt sind die Actionszenen für einen Superheldenfilm eher spärlich gestreut, wobei ein Kampf auf einem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug als Highlight in Erinnerung bleibt – auch wenn die Sequenz nicht übermäßig glaubwürdig wirkt. Der Showdown dagegen ist eher eine leichte Enttäuschung, da der finale Kampf relativ kurz abgehandelt wird und auch nicht allzu spektakulär choreographiert und in Szene gesetzt ist. Immerhin wissen die Kulissen – wie im gesanten Film – voll und ganz zu überzeugen, denn traditionelle japanische Anwesen oder ein Bergdorf im Schneetreiben machen optisch richtig was her. Im verschneiten Bergdorf kommt endlich auch der 3D-Einsatz einigermaßen zur Geltung. Der ist ansonsten ziemlich überflüssig, teilweise aufgrund vieler Hintergrund-Unschärfen während der häufigen Fokussierung auf eine bestimmte Person im Vordergrund sogar irritierend.

Wichtig: Nach dem ersten Teil des Abspanns gibt es eine zusätzliche Szene, die zu dem für Sommer 2014 geplanten "X-Men: Days of Future Past" hinführt!

Fazit: "Wolverine – Weg des Kriegers" ist ein erfreulicherweise etwas anderer Superheldenfilm, der eine relativ unspektakuläre Story (nichts mit Zerstörung der Welt oder so ...) erzählt und sich zunächst stark auf die von Hugh Jackman gewohnt energetisch verkörperte Hauptfigur des Logan alias Wolverine konzentriert – nur um später doch wieder in altbekannte Genremuster zu verfallen.

Wertung: 7,5 Punkte. 

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