Freitag, 21. Januar 2022

Mehrfach-Kurz-Nachruf: Jean-Jacques Beineix (1946-2022), Gaspard Ulliel (1984-2022) und Meat Loaf (1947-2022)

Nach monatelanger Ruhe ist momentan wieder eine dieser Phasen, in der ich kaum noch zu etwas anderem zu kommen scheine als dazu, Nachrufe auf bedeutende Filmschaffende zu verfassen. Die gestern verstorbene deutsche Schauspiellegende Hardy Krüger wird nächste Woche noch einen langen Nachruf erhalten, doch will ich auch drei weitere Künstler nicht unberücksichtigt lassen, die in dieser Woche von uns gegangen sind:

Der französische Filmemacher Jean-Jacques Beineix drehte lediglich sechs Spielfilme, von denen aber immerhin zwei zu den Klassikern des französischen Kinos der 1980er Jahre zählen: "Diva" (1981) und "Betty Blue - 37,2 Grad am Morgen" (1986). Beineix begann seine Karriere in den frühen 1970er Jahren als Regieassistent, wobei er u.a. mit der US-Komiker-Legende Jerry Lewis an dessem letztlich unvollendet gebliebenem KZ-Drama "The Day the Clown Cried" arbeitete und auch an den beiden Claude Zidi-Komödien "Brust oder Keule" (1976) mit Louis de Funès und "Ein irrer Typ" (1977) mit Jean-Paul Belmondo beteiligt war. Sein Regiedebüt gab Beineix (abgesehen von einem Kurzfilm, der ihm immerhin seine erste César-Nominierung einbrachte) 1981 mit dem heute als Kultfilm geltenden wendungsreichen Thriller "Diva" über einen jungen Postboten und Opernliebhaber, der durch eine Verkettung von Zufällen ins Visier einer brutalen Gangsterbande sowie der Polizei gerät. Beineix gewann für "Diva" seinen einzigen César (für den besten Debütfilm), zwei weitere Nominierungen (für Regie und Bester Film) heimste er fünf Jahre später für "Betty Blue - 37,2 Grad am Morgen" ein. Das erotische Psychodrama über eine obsessive, zum Scheitern verurteilte Liebe (mit den Hauptdarstellern Béatrice Dalle und Jean-Hugues Anglade) wurde zudem für den Auslands-OSCAR nominiert. Zu Beineix' anhaltendem Verdruß fanden seine Filme übrigens außerhalb Frankreichs eine deutlich bessere Aufnahme als in seiner Heimat - ein Schicksal, das auch deutschen Filmemachern (Wim Wenders, Volker Schlöndorff) oder einer Schauspielerin wie Romy Schneider nur zu vertraut ist respektive war ... Auch im Rest der Welt konnte Beineix allerdings nie an seine frühen Erfolge anknüpfen, sein letzter Spielfilm war im Jahr 2001 der mittelmäßig aufgenommene Comedy-Thriller "Mortal Transfer", 2013 nahm er mit der TV-Doku "Die Gallier" endgültig Abschied von der Welt des Films. Am 13. Januar 2022 starb Jean-Jacques Beineix im Alter von 75 Jahren nach langer Krankheit in seiner Heimatstadt Paris. R.I.P.

Ich kann mich noch gut erinnern, wann mir der schlaksige französische Schauspieler Gaspard Ulliel erstmals auffiel, denn Jean-Pierre Jeunets romantisches Kriegsdrama "Mathilde - Eine große Liebe" (2004), in dem er an der Seite von Titeldarstellerin Audrey Tautou die männliche Hauptrolle spielt, hat mich seinerzeit sehr beeindruckt und das galt auch für Ulliels einfühlsame Darstellung des Protagonisten. Erste Leinwandauftritte hatte der studierte Filmwissenschaftler jedoch bereits ein paar Jahre zuvor, so spielte er nach einigen TV-Auftritten Nebenrollen im Abenteuerfilm "Pakt der Wölfe" (2001) und der Tragikomödie "Küss mich, wenn du willst" (2002). Der Erfolg von "Mathilde" brachte Ulliel nicht nur seinen ersten César ein (für den vielversprechendsten jungen Schauspieler), sondern auch einen großen internationalen Auftritt - keinen geringeren als den jungen Hannibal Lecter (aus "Das Schweigen der Lämmer", dort ikonisch verkörpert von Sir Anthony Hopkins) durfte er in Peter Webbers Prequel nach einem Roman und Drehbuch von Thomas Harris spielen. Und das tat er durchaus überzeugend, nur leider fiel der Film bestenfalls mittelmäßig aus, wurde von der Kritik verrissen und floppte an den Kinokassen. Die ganz große Hollywood-Karriere war damit bereits wieder passé, doch in Frankreich etablierte sich Gaspard Ulliel als einer der erfolgreichsten Akteure seiner Generation. Er agierte für Bertrand Tavernier im Historienfilm "Die Prinzessin von Montpensier" (2010) und erklomm 2014 die nächste Karrierestufe mit der Titelrolle im Mode-Biopic "Saint Laurent". Obwohl der Film eher mediokre Kritiken erhielt, wurde Ulliel für seine schauspielerische Leistung gefeiert und erhielt dafür eine weitere César-Nominierung, diesmal für den besten Hauptdarsteller. Zwei Jahre später sollte es dann auch mit dem Gewinn dieser prestigeträchtigsten französischen Filmauszeichnung klappen, diesmal für die Hauptrolle in Xavier Dolans Drama "Einfach das Ende der Welt". Womöglich wäre sogar noch ein zweiter Versuch einer internationalen Karriere für Ulliel dringewesen, denn zuletzt spielte er den Bösewicht in Marvels Disney+-Serie "Moon Knight", was angesichts der enormen weltweiten Popularität des Marvel Cinematic Universe einen großen Aufmerksamkeitsschub für ihn bedeutet hätte. Leider sollte Gaspard Ulliel die Premiere dieser Serie nicht mehr erleben, denn er verstarb am 19. Januar 2022 im Alter von nur 37 Jahren an den Folgen eines schweren Skiunfalls in den französischen Alpen. R.I.P.

Marvin Lee Aday, besser bekannt unter seinem selbstironisch auf seine Leibesfülle anspielenden Künstlernamen Meat Loaf, war natürlich in erster Linie als Rocksänger mit einer bemerkenswerten Stimme bekannt (den ich sogar einmal live in concert erleben durfte), wobei vor allem seine Zusammenarbeit mit dem 2021 verstorbenen Komponisten Jim Steinman legendär ist - allen voran ihr erstes gemeinsames Werk "Bat Out of Hell", das mit Krachern wie dem Titelsong, "Paradise by the Dashboard Light" oder "Two Out of Three Ain't Bad" zweifellos zu den besten Alben der Musikgeschichte zählt. Doch widmete sich Meat Loaf auch immer wieder und durchaus erfolgreich der Schauspielerei. Den Grundstein dafür legte sein kurzer, aber denkwürdiger Auftritt als Rocker Eddie in Jim Sharmans kultiger und bis heute verehrter Musical-Adaption "The Rocky Horror Picture Show" (1975), in dem er auch den Song "Hot Patootie - Bless My Soul" zum Besten gibt. In Alan Rudolphs Musikkomödie "Roadie" spielte Meat Loaf 1980 sogar die Hauptrolle eines LKW-Fahrers, der eher unfreiwillig zum Roadie einer tourenden Rock 'n' Roll-Show wird. Schauspielerisch richtig beeindrucken konnte Meat Loaf erstmals 1999, als er in David Finchers Kultfilm "Fight Club" an der Seite von Brad Pitt und Edward Norton mit überraschendem Feingefühl die tragische Figur des von jahrelangem Steroid-Mißbrauch gezeichneten Ex-Bodybuilders Bob verkörperte. Das war dann auch schon der Höhepunkt von Meat Loafs schauspielerischer Karriere, zu der ansonsten vor allem Nebenrollen und Cameos in Kinofilmen wie "Wayne's World" (1992), "Spiceworld - Der Film" (1997), "The Mighty" (1998), "Focus" (2001), "The 51st State" (2001), Uwe Bolls "BloodRayne" (2005) und "Kings of Rock - Tenacious D" (2006) zählen sowie zahlreiche Gastrollen in TV-Serien wie "Dr. House", "Monk", "Glee", "Elementary" und zuletzt "Ghost Wars". Und natürlich darf man auch die häufig mit großem Produktionsaufwand cineastisch inszenierten Musikvideos zu Songs wie seinem großen Comeback-Hit "I'd Do Anything for Love (But I Won't Do That)", "I'd Lie For You (And That's the Truth)" oder "Not A Dry Eye in the House" nicht vergessen. Am 20. Januar 2022 starb Marvin Lee Aday alias Meat Loaf mit 74 Jahren. Eine Todesursache wurde offiziell nicht bekanntgegeben, es gibt aber Berichte über eine Infektion mit Covid-19. R.I.P.

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