Donnerstag, 17. Oktober 2019

BUFFALO BOYS (2018)

Regie: Mike Wiluan, Drehbuch: Raymond Lee und Mike Wiluan, Musik: Yudhi Arfani und Zeke Khaseli
Darsteller: Yoshi Sudarso, Ario Bayu, Tio Pakusadewo, Reinout Bussemaker, Pevita Pearce, Mikha Tambayong, Daniel Adnan, Zack Lee, Mike Muliadro, El Manik, Hannah Al Rashid, Alex Abbad, Sunny Pang, Happy Salma, Donny Alamsyah, Mike Lucock, Mark Stevens, Conan Stevens, Mike Wiluan
Buffalo Boys (2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 79% (6,5); FSK: 18, Dauer: 103 Minuten.
Nachdem sie jahrzehntelang in Amerika beim Bau der Eisenbahn geholfen haben, kehren die beiden kampferprobten Brüder Jamar (Ario Bayu, "Java Heat") und Suwo (Yoshi Sudarso) mit ihrem Onkel Arana (Tio Pakusadewo, "The Raid 2") Mitte des 19. Jahrhunderts in ihre Heimat auf der indonesischen Insel Java zurück. Von dort war Arana mit den Brüdern – damals noch Babys – vor dem brutalen niederländischen Gouverneur Van Trach (Reinout Bussemaker, TV-Film "Verliebt in Amsterdam") geflohen, nachdem dieser die einflußreichen Eltern von Jamar und Suwo ermordet hatte. Nun soll das Duo endlich seine Heimat kennenlernen, doch vor Ort gibt es eine böse Überraschung: Van Trach ist nach längerer Abwesenheit inzwischen zurück und hat sogleich wieder eine Schreckensherrschaft errichtet, indem er die lokalen Bauern mit skrupellosen Methoden dazu zwingt, statt Nahrung kostbares Opium anzubauen. Arana, Jamar und Suwo sehen ihre Chance zur Rache, doch Van Trach wird von einem Trupp schillernder Gestalten begleitet, welche ihre Grausamkeit an jedem, der auch nur ansatzweise Widerstand wagt, ausleben. Nachdem sie die schöne Sri (Mikha Tambayong, "13: The Haunted") und ihren Großvater vor vermeintlichen Straßenräubern gerettet haben, finden Arana, Jamar und Suwo in deren Dorf Unterschlupf und können sich einen Überblick über die Situation verschaffen – doch schon bald stehen Van Trachs Männer vor der Tür …

Kritik:
Western sind bekanntlich einfach nicht totzukriegen, was nicht zuletzt daran liegt, daß das Genre auch in Europa und sogar in Asien in Ehren gehalten wird und dort immer wieder mal neue Vertreter hervorbringt. Das fing mit der japanischen Filmemacher-Legende Akira Kurosawa an, dessen Samurai-Klassiker "Yojimbo – Der Leibwächter" aus dem Jahr 1961 sichtlich von US-Western inspiriert war – und drei Jahre später ironischerweise selbst als Vorlage für Sergio Leones ersten großen Italowestern "Für eine Handvoll Dollar" diente. Im 21. Jahrhundert gab es vier asiatische Western im weiteren Sinne, die internationale Bekanntheit erlangten: Takashi Miikes durchgeknallten "Sukuyaki Western Django" (2007) mit Quentin Tarantino als Gaststar, Kim Jee-woons "Zwei glorreiche Halunken"-Hommage "The Good, the Bad, the Weird" (2008), Lee Sngmoos stylishen, aber kostspieligen Flop "The Warrior's Way" (2010) und Lee Sang-ils "Erbarmungslos"-Samurai-Remake "The Unforgiven" (2013). Die südkoreanische Dominanz bei Asia-Western durchbricht mit "Buffalo Boys" eine indonesisch-singapurische Koproduktion, die sich inhaltlich am stärksten mit "The Warrior's Way" vergleichen läßt. Beide durchweht mehr als nur ein Hauch von B-Movie, was vor allem einer arg klischeegetränkten Story geschuldet ist – trotzdem bereiten beide Filme Genrefreunden vor allem wegen der knackigen Action durchaus Freude.

Nach dem kurzen und recht vergnüglichen Prolog in Amerika (mit einem Gastauftritt des ersten "Mountain"-Darstellers in der ersten Staffel von "Game of Thrones", Conan Stevens) nimmt uns der indonesische Regiedebütant und Koautor Mike Wiluan (war an US-Produktionen wie "Crazy Rich", "Hitman: Agent 47" und "Beyond Skyline" als Produzent beteiligt) mit nach Java, das die Brüder Jamar und Suwo zum ersten Mal bewußt betreten. Zwar hat ihr Onkel darauf geachtet, daß sie auch im Exil ihre Heimatsprache lernten, trotzdem sind sie nun natürlich Fremde – ein Punkt, den das Skript von Wiluan und Raymond Lee jedoch nur zu Beginn anschneidet und für eine kurze Einführung in die aktuelle Situation der geknechteten Landbevölkerung nutzt, aber anschließend weitgehend ignoriert. Ganz glaubwürdig wirkt die schnelle Anpassung der Brüder an die ihnen fremde Heimat natürlich nicht, aber "Buffalo Boys" will ja auch kein Sozialdrama sein, sondern ein actionreicher Western. Dabei gibt es in der ersten Filmhälfte eher sporadisch Kämpfe zu bewundern, die auch noch recht kurz ausfallen. Stattdessen steht die Etablierung der Figuren im Vordergrund, was einerseits sinnvoll ist, andererseits aber sehr viel interessanter anzuschauen wäre, würde es sich bei fast allen Personen nicht um wandelnde Klischees ohne jeden Tiefgang handeln. Nein, die Figurenzeichnung zählt ganz eindeutig nicht zu den Stärken des Drehbuchs, selbst die titelgebenden Brüder bekommen nur sehr rudimentär ein paar Ecken und Kanten verpaßt, machen aber zumindest einen sympathischen Eindruck. Zudem wirken die wenigen Versuche, etwas mehr Tiefe hineinzubringen, häufig gekünstelt: Die grundsätzlich lobenswerte Mühe zu Beginn, die für diese Zeit und diesen Ort ungewöhnlich selbstbewußten weiblichen Hauptfiguren (und potentiellen Love Interests der Brüder) Kiona (Pevita Pearce, "Der Teufel soll dich holen") und Sri als Aufhänger für einen Diskurs über die Geschlechterrollen zu verwenden, wirkt so eher wie ein Fremdkörper und dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, daß sie im weiteren Verlauf dann eben doch nicht viel mehr als im Hintergrund stehendes Beiwerk sind.

Sogar noch deutlich stereotyper fallen die Bösen aus. Zwar läuft es immerhin nicht auf ein für asiatische Filme nicht so ungewöhnliches (und angesichts der Kolonialgeschichte auch kaum verwunderliches) "Alle Europäer sind böse!" hinaus, da erwähnt wird, daß die Situation erst seit Van Trachs Ankunft unhaltbar wurde und zu dessen Helfershelfern etliche Einheimische zählen. Doch das Bemühen, dem (mit dem eher gemütlich wirkenden Reinout Bussemaker nicht ideal besetzten) Oberfiesling Van Trach eine B-Movie-typische Riege schillernder Untergebener an die Seite zu stellen, scheitert daran, daß Wiluan sich kaum Zeit nimmt, um diesen etwas Profil zu verschaffen. So haben wir mit Van Trachs schweigsamer rechter Hand Drost (Daniel Adnan), der ständig irre grimassierenden Adrie (Hannah Al Rashid, "The Night Comes for Us"), dem kampfstarken Leung (Sunny Pang, "Headshot"), dem eleganten Koen (Zack Lee, "The Raid 2") und dem sadistischen Fakar (Alex Abbad, auch "The Raid 2") in der Theorie spannende und "nett" anzusehende Antagonisten, die aber letztlich nur Kanonenfutter für Jamar und Suwo sind – das bekamen Genrekollegen wie "The Warrior's Way" oder der europäische "The Salvation" deutlich besser hin. Daß "Buffalo Boys" bei allen Schwächen – auf diverse sehr offensichtliche Logik- und Glaubwürdigkeitsmängel (z.B. bei der brennenden Scheune) will ich gar nicht näher eingehen – trotzdem für ordentliche Unterhaltung sorgt, liegt an den Kampfszenen, die in der zweiten Filmhälfte immer mehr an Bedeutung und Raum gewinnen. Diese Kämpfe sind von Mike Wiluan durchaus sehenswert und mit der Kombination von Schießereien und Martial Arts-Nahkämpfen abwechslungsreich in Szene gesetzt sowie gut und temporeich choreographiert, wenn es auch kaum zu wirklich epischen Momenten á la "John Wick 3" kommt. Um in die Western-Geschichte einzugehen, reicht das alles natürlich nicht aus, aber für gut eineinhalb Stunden solide B-Movie-Unterhaltung allemal.

Fazit: "Buffalo Boys" ist ein allzu klischeehafter, aber vor allem dank vieler überwiegend gut gestalteter Kampfszenen recht unterhaltsamer asiatischer Western.

Wertung: 6,5 Punkte.


"Buffalo Boys" erscheint am 18. Oktober 2019 von der Busch Media Group auf DVD und Blu-ray, als Mediabook sowohl als Video on Demand. Auf der normalen DVD gibt es nur Trailer als Bonusmaterial, beim limitierten Mediabook u.a. ein 16-seitiges Booklet, einige Postkarten und ein Interview mit Regisseur Mike Wiluan. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.


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