Mittwoch, 2. Dezember 2015

OSCAR-News: Paukenschlag zum Auftakt der Awards Season – "Mad Max: Fury Road" gewinnt NBR Award, "Der Marsianer" ebenfalls stark!

Jedes Jahr beginnt die Awards Season so richtig mit der Bekanntgabe der Auszeichnungen durch das altehrwürdige National Board of Review Anfang Dezember. Zwar ist die Aussagekraft für die OSCARs sehr unzuverlässig; einige NBR-Gewinner triumphierten am Ende auch bei den Academy Awards, viele erhielten zumindest zahlreiche Nominierungen, andere wie im letzten Jahr "A Most Violent Year" wurden trotz des frühen Triumphes anschließend weitestgehend ignoriert. Es ist (leider) davon auszugehen, daß der NBR-Gewinner des Jahres 2015 eher in die zweite Kategorie fällt, denn ich kann mir kaum vorstellen, daß die überwiegend konservativ geprägte Academy einen dystopischen Actionfilm wie "Mad Max: Fury Road" zum Besten Film des Jahres kürt selbst wenn er noch so brillant ist. Dennoch ist diese völlig unerwartete Auszeichnung mit dem wichtigsten NBR-Award eine schöne Anerkennung für George Millers lange und (ehrlich gesagt) ziemlich bang erwartete Rückkehr ins australische Endzeit-Ödland und könnte die Tür öffnen für zumindest mehrere OSCAR-Nominierungen in den technischen Kategorien.

Aber nun erst einmal zu den wichtigsten Gewinnern:
Bester Film: "Mad Max: Fury Road"
Regie: Sir Ridley Scott, "Der Marsianer"
Hauptdarsteller: Matt Damon, "Der Marsianer"
Hauptdarstellerin: Brie Larson, "Room"
Nebendarsteller: Sylvester Stallone, "Creed Rocky's Legacy"
Nebendarstellerin: Jennifer Jason Leigh, "The Hateful Eight"
Original-Drehbuch: Quentin Tarantino, "The Hateful Eight"
Adaptiertes Drehbuch: Drew Goddard, "Der Marsianer"
Animationsfilm: "Alles steht Kopf"
Fremdsprachiger Film: "Son of Saul", Ungarn
Dokumentation: "Amy"
Ensemble: "The Big Short"

Es fällt natürlich auf, daß die Gewinnerliste ungewöhnlich genrelastig ist. Neben "Mad Max", der kurioserweise "nur" die Hauptkategorie für sich entscheidet, ist Ridley Scotts SF-Abenteuer "Der Marsianer" der große Gewinner, auch Tarantinos Schnee-Western "The Hateful Eight" und der Boxerfilm "Creed" schneiden stark ab. Mit "Room" konnte sich dagegen nur ein Indie-Film auf die Liste katapultieren, der auch das einzige relativ klassische Drama ist. Hauptdarstellerin Brie Larson festigt damit jedenfalls ihren sowieso schon geltenden "Frontrunner"-Status in ihrer Kategorie. Weitere Favoritensiege gab es beim Animationsfilm, dem fremdsprachigen Film und der Doku, auch Jennifer Jason Leigh gilt zumindest als sichere Anwärterin auf eine OSCAR-Nominierung (ebenso wie Tarantinos Drehbuch). Spannend wird mit Sicherheit die Frage, ob "Der Marsianer" einer der großen kommerziellen Überraschungserfolge des Jahres den Weg von "Gravity" vor zwei Jahren gehen kann, bei den OSCARs eine große Rolle zu spielen. Da hier (wie bei "Gravity") deutlich mehr Science als Fiction in die Handlung reinspielt, könnte es durchaus reichen, um die (trotz Ausnahmen wie "Der Herr der Ringe" oder "Gladiator") fast schon traditionelle Genre-Ablehnung der Academy zu überwinden.

Die zehn besten Filme des Jahres laut National Board of Review (in alphabetischer Reihenfolge) sind ebenfalls ziemlich genrelastig:
"Alles steht Kopf"
"Creed Rocky's Legacy"
"The Hateful Eight"
"Der Marsianer"
"Room" 
"Spotlight"
"Straight Outta Compton"

Mit "Bridge of Spies" und dem Journalismus-Thriller "Spotlight" schaffen es zumindest zwei ziemlich klassische OSCAR-Filme in die Top10, wohingegen andere aussichtsreiche OSCAR-Kandidaten wie "The Danish Girl", "The Revenant", "Carol", "Joy", "Brooklyn" oder "Steve Jobs" leer ausgehen. Was umso bedeutsamer ist, wenn man weiß, daß seit über 10 Jahren jeder Gewinner des "Best Picture"-OSCARs Teil der NBR-Top10 war! Sollte sich das auch dieses Jahr bewahrheiten, könnte sich "Spotlight" (der Tags zuvor bereits bei den Gotham Awards für Independent-Filme groß abräumte) seinen Goldjungen wohl jetzt schon abholen ... Mich freut ganz besonders die Nennung von "Sicario" (der auch noch einen Sonderpreis für die viuselle Gestaltung erhielt), meinem bisherigen Lieblingsfilm des Jahres 2015. Anmerken möchte ich übrigens auch noch, daß "Star Wars Episode VII" den NBR-Juroren NICHT gezeigt wurde, um nicht zu riskieren, daß irgendwelche Spoiler über die Handlung an die Öffentlichkeit dringen. Es muß sich also noch keiner Sorgen über die Qualität des am heißesten erwarteten Films des Jahres machen ...

Eine Übersicht über sämtliche Gewinner sowie weitere Top10- respektive Top5-Listen (Christian Petzolds Noir-Drama "Phoenix" hat es erfreulicherweise unter die fünf besten fremdsprachigen Filme geschafft) gibt es auf der NBR-Homepage.