Mittwoch, 22. Juli 2015

WRONG COPS (2013)

Regie und Drehbuch: Quentin Dupieux, Musik: Mr. Oizo
Darsteller: Mark Burnham, Steve Little, Éric Judor, Arden Myrin, Eric Wareheim, Daniel Quinn, Marilyn Manson, Ray Wise, Eric Roberts, Agnes Bruckner, Kurt Fuller, Grace Zabriskie, Hillary Tuck, Jennifer Blanc, Tim Trobec, Don Stark, Bob McCracken, Brandon Beemer, Jonathan Lajoie, Roxane Mesquida, Jack Plotnick
 Wrong Cops
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 55% (5,3); FSK: 16, Dauer: 82 Minuten.
In der nahen Zukunft gibt es kaum noch Kriminalität. Die folgende Beschäftigungslosigkeit der Polizisten trägt allerdings seltsame Früchte. Duke (Mark Burnham) beispielsweise ist ein Cop; seine Hobbys sind elektronische Musik und das Verkaufen von Drogen. Shirley (Arden Myrin, "Evan Allmächtig") ist ebenfalls ein Cop; ihr Hobby ist es, Menschen zu erpressen, um an das Geld für Nasenoperationen zu kommen. Rough (Éric Judor, "Die Daltons gegen Lucky Luke") ist ein einäugiger Cop; sein Hobby ist das Komponieren elektronischer Musik in der Hoffnung, den nächsten Superhit zu landen. Auch de Luca (Eric Wareheim) ist ein Cop; sein Hobby ist es, Frauen mit vorgehaltener Waffe zu zwingen, ihre Brüste zu entblößen. Und "Sunshine" (Steve Little) ist ein Cop; sein Hobby ist der Drogengenuß, was auf Dauer jedoch ziemlich ins Geld geht. Deshalb nimmt Sunshine auch das Angebot seines Kollegen Duke an, die Leiche von dessen Nachbar (Daniel Quinn) zu entsorgen, den Duke versehentlich erschossen hat. Allerdings stellt sich heraus, daß die im Kofferraum von Dukes Wagen transportierte Leiche so tot noch gar nicht ist …

Kritik:
Bei Filmen des französischen Tausendsassas Quentin Dupieux (alias "Mr. Oizo") ist es nie eine ganz einfache Aufgabe, eine Rezension zu verfassen. Denn mehr als die meisten anderen Filme fallen Dupieuxs Werke in die Kategorie "Das muß man einfach gesehen haben, um es zu glauben". Schon eine Handlungsangabe fällt schwer (außer vielleicht bei "Rubber", den man hervorragend mit einem Satz zusammenfassen konnte: "Mörderischer Autoreifen mit eigenem Bewußtsein läuft Amok!"), weil Dupieux das Konzept "Handlung" mit weitgehender Mißachtung straft. Gut, bei "Wrong" gab es wenigstens so eine Art roten Faden (Protagonist Dolph machte sich auf die Suche nach seinem verschwundenen Hund), die Nicht-wirklich-Fortsetzung "Wrong Cops" erhebt dagegen die Anekdotenhaftigkeit endgültig zum Prinzip. Das hat Vorzüge und Nachteile, insgesamt gefällt mir das Resultat aber etwas besser als bei "Wrong", bei dem die Gags für meinen Geschmack doch etwas zu spärlich verteilt waren. Wobei für Dupieux-Filme natürlich ohnehin gilt: Es ist Geschmackssache. Und an diesen sehr speziellen Geschmack kann man sich gewöhnen – oder nicht. Auf mich scheint Ersteres zuzutreffen ("Rubber", den ich nach "Wrong" sah, gefiel mir bereits deutlich besser), insofern ist es nicht verwunderlich, daß ich auch an "Wrong Cops" Gefallen finde.
Da ich "Wrong Cops" eben als Nicht-wirklich-Fortsetzung von "Wrong" bezeichnete, sollte ich das wohl etwas näher erklären: "Wrong Cops" hat – bis auf ein Cameo des hundeliebenden Dolph, der in einer Szene im Hintergrund durchs Bild läuft – inhaltlich nichts mit dem Vorgänger zu tun. Dessen Kenntnis ist also absolut nicht nötig, um "Wrong Cops" verstehen zu können. Nunja, soweit man Dupieuxs verqueren Gedankengängen und skurrilen Nicht-Pointen überhaupt folgen kann. Dennoch ist unverkennbar, daß beide Werke im gleichen Film-Universum spielen und sich in Sachen Humor ähnlicher sind als beispielsweise "Rubber" (der sich durch eine besonders ausgeprägte Metaebene kennzeichnet). Im direkten Vergleich ist das Fehlen einer echten Handlung wohl der größte Nachteil von "Wrong Cops". Das, was wir hier präsentiert bekommen, ist eine Gagparade und nicht viel mehr. Die einzelnen Episoden haben dabei nicht viel miteinander zu tun, gewisse Zusammenhänge gibt es primär durch die Protagonisten aber doch – wie beim Vorgänger drängt sich ein Vergleich mit "Monty Python's Flying Circus" auf, auch und gerade wegen des weitgehenden Verzichts auf klassische Pointen. Nur daß Quentin Dupieuxs Humor, so unglaublich das auch klingen mag, noch verrückter, noch abseitiger, noch nihilistischer ist; quasi Monty Python auf LSD …
Die Gags an sich sind etwas weniger innovativ als in "Wrong", speziell was die Bildsprache betrifft (eine so herrliche Szene wie die mit dem Büro, in dem es ständig regnet, gibt es hier nicht); dafür aber ein kleines bißchen zugänglicher. Was die meisten Zuschauer freuen dürfte. Auf einzelne Szenen will ich eigentlich gar nicht eingehen, weil sich Dupieuxs Humor einfach nicht nacherzählen läßt, deshalb nur ein kleines Beispiel: Der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 44 Jahre alte Schockrocker Marilyn Manson spielt in einer der Anekdoten einen Schüler, die mit dem Walkman Musik hört, ehe er von einem der Cops grundlos schikaniert wird. Jawohl, das ist im Grunde genommen der ganze Witz, und das Verrückte daran ist: Er funktioniert! Die Sequenz wirkt in ihrer Banalität und völligen Unglaubwürdigkeit (Manson, der übrigens gar nicht schlecht spielt, ist nicht einmal ansatzweise auf jung geschminkt worden) dermaßen absurd, daß sie schon wieder witzig ist. Mansons Mitwirkung ist übrigens auch bezeichnend für einen weiteren Unterschied zwischen "Wrong" und "Wrong Cops": Offenbar ist Dupieux inzwischen in der Filmbranche so bekannt, daß er auch größere Namen für Gastauftritte gewinnen kann. Das führt dazu, daß B-Movie-Held Eric Roberts ("Inherent Vice") sowie mit Grace Zabriskie, Ray Wise (beide "Twin Peaks") und Kurt Fuller ("Supernatural", "Psych") bekannte Seriendarsteller in Nebenrollen zu sehen sind (wohingegen in "Wrong" William Fichtner der einzige namhafte Schauspieler war). Ihre Szenen sind nicht weniger witzig (und absurd und völlig durchgeknallt) als der Rest des Films, ein bißchen hat das Ganze aber schon etwas von Stunt-Casting, das Dupieux eigentlich gar nicht nötig hat.
Zugegeben, nicht alle Gags des Films funktionieren, durch die durchgehend skurrile Machart wird "Wrong Cops" aber selbst in den schwächeren Phasen niemals langweilig. Und vor allem, wie Dupieux die Musikbranche auf die Schippe nimmt (die er als erfolgreicher Musiker ja aus erster Hand kennt), macht mächtig Laune. Ich hätte den schwarzen Cop-Schafen, die von ihren hierzulande unbekannten, jedoch allesamt comedyerfahrenen Darstellern mit bewundernswerter (und umso amüsanterer) Ernsthaftigkeit verkörpert werden, jedenfalls gerne länger als nur 80 Minuten zugesehen. Und selbst der wummernde Techno-Soundtrack von Mr. Oizo hat mir als eigentlichem Techno-Verweigerer erstaunlich gut gefallen.

Fazit: "Wrong Cops" ist eine episodenhafte Nonsens-Komödie, die zwar weniger einfallsreich ist als der Vorgänger "Wrong", das aber mit einer (neben zum Glück nur wenigen Rohrkrepieren stehenden) Vielzahl gelungener Gags wettmacht, deren Spektrum von "total albern" bis hin zu "skurril-brillant" reicht. Angesichts des absolut nicht massentauglichen Humors ist und bleibt das aber definitiv Geschmackssache.

Wertung: 7,5 Punkte.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen