Originaltitel: Big Hero 6
Regie: Don Hall und Chris Williams, Drehbuch: Jordan
Roberts, Daniel Gerson und Robert L. Baird, Musik: Henry Jackman
Sprecher der deutschen Synchronfassung: Amadeus Strobl,
Bastian Pastewka, Daniel Fehlow, Andreas Bourani, Nora Hütz, Daniel Zillmann,
Maria Hönig, Vera Teltz, Ronald Nitschke, Peter Flechtner
FSK: 6, Dauer: 102 Minuten.
Irgendwann in der nicht allzu fernen Zukunft lebt der
14-jährige Hiro Hamada in einer Metropole namens San Fransokyo. Hiro, der seit
dem Tod der Eltern mit seinem älteren Bruder Tadashi bei seiner Tante Cass
lebt, ist ein ziemlich typischer Teenager: rebellisch, vorlaut, aber auch ungemein
gewitzt. Genauer gesagt ist er sogar ein kleines Genie, das sich mit
selbstgebauten Mini-Robotern bei illegalen Roboter-Kämpfen Geld dazuverdient.
Da er auf diese Weise auf die schiefe Bahn zu geraten droht, versucht ihm der besorgte Tadashi die Universität schmackhaft zu machen, an der er Teil des
hochmodernen Robotik-Programms ist. Anfangs ist Hiro noch skeptisch, doch schnell
ist er begeistert von dem, was Tadashi und seine Freunde unter der Führung von
Professor Callaghan entwickeln. Letzterer bietet Hiro sogar einen Platz in
seinem Team an – jedoch wirft wenig später ein schreckliches Unglück genau am Tag
seines ersten großen wissenschaftlichen Triumphes den jungen Mann vollends aus
der Spur. Bis er zufällig auf einen versteckten Prototyp des von Tadashi
entwickelten Sanitätsroboters Baymax stößt. Durch den liebenswerten Roboter
erfährt Hiro auch, daß besagtes Unglück in Wirklichkeit wohl ein gezielter
Anschlag war, um seine Erfindung zu stehlen – und so machen sich Hiro, Baymax
und vier weitere Robotik-Studenten aus Tadashis Gruppe auf, um den oder die
Verantwortlichen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen …
Kritik:
Die Comic-Schmiede Marvel ist im Kinobereich bislang ausschließlich
mit Realfilmen wie "The Avengers" oder "Guardians of the Galaxy" aufgefallen, animierte Filme und Serien waren dem
Heimkinobereich vorenthalten. Mit "Baymax" ist diese strikte Trennung
beendet, auch wenn das vielen Kinogängern gar nicht unbedingt auffallen dürfte –
schließlich basiert der Film auf einem weitgehend unbekannten Comic und Disneys
PR-Abteilung hat die Verbindung zu Marvel nicht übermäßig betont. Geschadet
hat das "Baymax" nicht, wie neben dem hervorragenden globalen
Einspielergebnis auch der OSCAR für den besten Animationsfilm des Jahres 2014
beweist. Verdient ist der Erfolg allemal, da das Regie-Duo Don Hall ("Winnie
Puuh") und Chris Williams ("Bolt – Ein Hund für alle Fälle") einen
rasanten Animationsspaß mit Superhelden-Anleihen geschaffen hat, der sich zwar
inhaltlich weitgehend an gängige Genrekonventionen hält, dafür
aber mit sympathischen Figuren und tollem Design gut zu unterhalten weiß. Daß
es ein Marvel-Film ist, erschließt sich Kennern derweil schon aus zwei Gründen:
Erstens gibt es eine zusätzliche Szene nach dem Abspann und zweitens absolviert
Comic-Legende Stan Lee seinen obligatorischen Gastauftritt – diesmal eben in
computeranimierter Form.
Obwohl die mitunter leicht an Pixars "Die
Unglaublichen" erinnernde Handlung, wie angedeutet, nicht gerade
vor Originalität sprüht, gelingt es dem Drehbuch die meiste Zeit über, die
Balance zwischen Altbewährtem und kleinen, aber wichtigen Abweichungen zu wahren. Als besonders dankenswert empfinde ich es in diesem Zusammenhang, daß
"Baymax" auf die von mir anhand der Prämisse lange befürchtete
Schwarzweißmalerei verzichtet und stattdessen eine erfreulich durchdachte
Auflösung zu bieten hat, die für das junge Kern-Zielpublikum sogar pädagodisch
wertvoll sein dürfte (wobei dieser Aspekt recht subtil eingeflochten ist).
Vor dieser Auflösung hangelt sich "Baymax" für meinen Geschmack
dennoch einen Tick zu sehr an den etablierten dramaturgischen Schemata entlang, was
ebenso wie der etwas zu actionbetonte Showdown auf Dauer ermüdend wirken kann; die Sache mit dem Showdown gilt allerdings für geschätzt 90% aller heutigen
Hollywood-Blockbuster ...
Glücklicherweise entschädigen dafür der hohe Humorgehalt von
"Baymax" und das Ensemble voller liebenswürdiger Charaktere. Titelheld
(zumindest im deutschsprachigen Bereich, denn der Originaltitel bezieht sich ja auf
die gesamte Sechsergruppe) Baymax ist einfach in jeder Hinsicht knuffig, der
eigentliche Protagonist Hiro hat zwar – realistischer- und innerhalb der Story
auch nachvollziehbarerweise – einige Schwächen, gibt aber dennoch einen guten
Helden wider Willen ab, mit dem man gerne mitfiebert. Und die vier weiteren
Teammitglieder – die taffe GoGo, der vernünftige Wasabi, die enthusiastische
Honey Lemon und der tolpatschige Fred – sind so liebenswürdig, daß man sie am
liebsten knuddeln möchte. Die größte Überraschung für mich war allerdings, wie
gut mir das Figurendesign gefallen hat. Ich betone ja eigentlich in fast jeder
neuen Animationsfilm-Rezension, wie sehr ich von Hand gezeichnete Figuren den
mir noch immer zu generisch und glatt aussehenden computeranimierten vorziehe.
Dennoch muß ich neidlos anerkennen: Die Charaktere in "Baymax" sehen richtig
gut aus und haben Ecken und Kanten, die ihnen Individualität verleihen –
vielleicht ist das ja dem Einfluß der zahlreichen japanischen
Animationskünstler im Team zu verdanken, jedenfalls finde ich das Figurendesign
wesentlich besser als in den meisten anderen US-Animationsfilmen der letzten
Jahre (inklusive dem Megahit "Die Eiskönigin"). Sogar noch schöner sind allerdings die leicht futuristischen Umgebungsgrafiken ausgefallen – speziell die etwas weiter entfernten Stadtansichten wirken ausgesprochen überzeugend und elegant. Die
3D-Qualität kann ich übrigens nicht beurteilen, da ich eine 2D-Vorstellung
besucht habe – es gibt aber etliche Szenen, bei denen ich mir gut vorstellen
kann, daß sie in 3D noch beeindruckender sind.
Daß die Figuren in der deutschen Synchronfassung dermaßen sympathisch
rüberkommen – abgesehen selbstverständlich vom Bösewicht der Geschichte, der
aber lobenswerterweise eine glaubwürdige Motivation hat und eigentlich gar
nicht so böse ist –, ist natürlich auch der gut ausgewählten Sprecherriege zu
verdanken. Bei der Auswahl der deutschen Sprecher wurde zum Glück weitgehend
auf Stunt-Casting mit Promis verzichtet, stattdessen sind größtenteils
professionelle Sprecher zu hören, die ihre Sache sehr gut machen und zu den
Charakteren passen, denen sie ihre Stimme leihen. Die einzigen prominenten
Namen im Stimmen-Cast sind Komiker Bastian Pastewka und Sänger Andreas Bourani.
Pastewka kann man aber kaum als Stunt-Casting abqualifizieren, weil der so
etwas einfach richtig gut kann – das beweist er auch als naiver, aber stets
hilfsbereiter und bedingungslos loyaler Baymax. Und Bourani ist mir jedenfalls nicht negativ aufgefallen.
Besonders gut fand ich neben Pastewka Amadeus Strobl als Protagonist
Hiro sowie Vera Teltz (sonst Synchronsprecherin von Naomie
Harris und Noomi Rapace, Serienjunkies kennen sie als deutsche Stimme von Robin Tunney in "The
Mentalist", Taraji P. Henson in "Person of Interest" und Pamela
Adlon in "Californication"), deren klangvolle Stimme aber leider nur in
relativ wenigen Szenen als Tante Cass zum Tragen kommt.
Fazit: "Baymax – Riesiges Robowabohu" ist
ein rundum gelungenes, rasantes futuristisches Animationsabenteuer für die ganze Familie,
das mangelnde Innovativität durch sympathischen
Humor, liebenswerte Charaktere und eine tolle Optik mehr als wettmacht.
Wertung: 8 Punkte.
LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN (2014):
Als Vorfilm gibt es den ebenfalls OSCAR-prämierten und sehr niedlichen
Kurzfilm "Liebe geht durch den Magen" (Originaltitel: "Feast"), in dem ein kleines Hündchen
namens Winston von seinem Herrchen nach Strich und Faden verwöhnt wird – bis
Herrchen eine Freundin findet, die auch bei Winston Wert auf eine gesunde
Ernährung legt …
Wertung: Ebenfalls 8 Punkte.
Wertung: Ebenfalls 8 Punkte.
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