Dienstag, 16. Juli 2013

CLOVERFIELD (2008)

Regie: Matt Reeves, Drehbuch: Drew Goddard, Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Lizzy Caplan, Michael Stahl-David, Jessica Lucas, T.J. Miller, Mike Vogel, Odette Yustman, Billy Brown, Ben Feldman, Liza Lapira, Scott Lawrence, Charlyne Yi, Chris Mulkey
Cloverfield
(2008) on IMDb Rotten Tomatoes: 78% (6,8); weltweites Einspielergebnis: $172,4 Mio.
FSK: 12, Dauer: 85 Minuten.

New York: Der Mitt-Zwanziger Rob (Michael Stahl-David, "Girls against Boys") tritt eine neue Arbeitsstelle in Japan an, vorher richten seine Freunde Jason (Mike Vogel, TV-Serie "Pan Am") und Lily (Jessica Lucas, "Evil Dead") aber noch eine große Abschiedsparty für ihn aus. Diese dokumentiert Robs nerviger Freund Hud (T.J. Miller, "Unstoppable") mit einer Handkamera – und avanciert so im Laufe des Abends zum unwahrscheinlichen Chronisten des verheerenden Angriffs eines riesigen, zerstörungswütigen Monsters auf Manhattan! Ebenso wie Tausende anderer Bürger versucht die Freundesgruppe verzweifelt, die Insel zu verlassen, gleichzeitig geht das US-Militär mit schwerem Geschütz gegen die Kreatur vor – doch die weiß sich zu wehren ...

Kritik:
Im Jahr 2008 befand sich J.J. Abrams auf dem Höhepunkt der Erfolgswelle mit der von ihm konzipierten TV-Serie "Lost". Die errungene Popularität nutzte er unter anderem aus, indem er sich bei "Mission: Impossible III" als Regisseur versuchte, außerdem ersann der bekennende Godzilla- und King Kong-Fan diese im Kern simple, aber durch die Ich-Perspektive innovativ aufgewertete Monstergeschichte. Die Regie der abgesehen von der Perspektive sehr klassisch gehaltenen Monsterfilm-Hommage überließ er jedoch dem damaligen Newcomer Matt Reeves ("Let Me In"), Abrams selbst trat offiziell nur als Produzent in Erscheinung.

Und seien wir ehrlich: Die Idee, einen Katastrophen-/Monsterfilm aus der Ich-Perspektive zu präsentieren, ist schon ziemlich brillant. Die berühmt-berüchtigte "Wackelkamera", seit "Blair Witch Project" gerne verwendetes Stilmittel vor allem von Independent-Produktionen, immer wieder mal aber auch von Blockbustern im Bemühen um Authentizität, ist inzwischen bei vielen Zuschauern regelrecht verhasst. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß sie in das Szenario von "Cloverfield" wunderbar hineinpaßt. Leider verlassen sich Regisseur Matt Reeves und Autor Drew Goddard (Regisseur von "The Cabin in the Woods") jedoch etwas zu sehr auf diesen Clou.

Wesentlich besser wäre es gewesen, mehr Zeit und Ideen in die Entwicklung der Handlung zu stecken, denn die ist ausgesprochen konventionell, linear und überraschungsarm. Fast noch ärgerlicher ist die Figurenzeichnung: Schlimm genug, daß das "Alter Ego" des Publikums Hud schlicht und ergreifend eine tierische Nervensäge ist; doch auch die übrigen Protagonisten sprühen nicht gerade vor Charisma. Eigentlich ist das ein absoluter Kardinalfehler in Horror- oder Katastrophenfilmen, denn wenn man nicht mit den "Helden" mitfiebern kann, dann ist normalerweise schon fast alles verloren. In "Cloverfield" wirkt sich dieses erhebliche Defizit dank der "Ego-Shooter-Perspektive" zum Glück nicht so stark aus, wie es zu befürchten wäre, auch die sehr kurze Netto-Laufzeit von kaum 75 Minuten verhindert das Aufkommen echter Langeweile. Positiv ist ebenfalls, daß das Monster wirklich gut und glaubwürdig aussieht und dabei sogar ein recht originelles Design erhalten hat. Die "Verwandtschaft" zu Godzilla ist unverkennbar, dennoch wirkt das "Cloverfield"-Monster erfreulich eigenständig und darf sich in seiner überzeugend inszenierten Zerstörungswut nach Herzenslust austoben.

Für die Besetzung haben Abrams und Reeves bewußt ausschließlich unbekannte Darsteller engagiert, um das Gefühl zu verstärken, daß die Protagonisten einfach irgendwelche beliebigen Durchschnittsbürger wären, mit denen sich das Publikum identifizieren kann. Das funktioniert, wie erwähnt, nicht so richtig. Auch schauspielerisch gibt es erwartungsgemäß natürlich keine Meisterleistungen. Die jungen Männer und Frauen machen ihre Sache im Großen und Ganzen ordentlich, aber in den wenigen figurenzentrierten Szenen können sie nur bedingt überzeugen. Insofern ist es auch nicht allzu überraschend, daß zwar keiner der "Cloverfield"-Darsteller in den folgenden fünf Jahren in der Versenkung verschwand, aber eben auch keiner einen echten Karrieresprung hinlegte.

Aufgrund des vorgegaukelten Doku-Konzepts gibt es im Film selbst übrigens keinen eigens komponierten Soundtrack, dafür wird das Publikum durch Michael Giacchinos fantastische "Cloverfield Overture" während des (sehr langen) Abspanns aber mehr als entschädigt. Die angesichts des beträchtlichen kommerziellen Erfolges  der durch eine ausgeklügelte virale PR-Kampagne vor dem Filmstart zusätzlich befeuert wurde eigentlich obligatorische und sogar inhaltlich sinnvolle Fortsetzung ist bis zum Jahr 2013 übrigens noch nicht absehbar. J.J. Abrams, Matt Reeves und Drew Goddard geben allerdings in ziemlich regelmäßigen Abständen Statements ab, wonach ein "Cloverfield 2" früher oder später kommen wird. Größtes Hindernis dafür ist es wohl, die Zeitpläne der drei vielbeschäftigten Männer in Einklang zu bringen ...

Fazit: "Cloverfield" ist ein durchaus unterhaltsamer, phasenweise spektakulärer Monsterfilm, der vor allem davon lebt, daß er dem Zuschauer durch die Verwendung von Ich-Perspektive und wackliger Handkamera das Gefühl gibt, mittendrin im Geschehen zu sein – allerdings hätte man aus diesem Ansatz noch deutlich mehr herausholen können, beispielsweise mit halbwegs sympathischen Figuren.

Wertung: 6,5 Punkte.


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