In der letzten Woche gab es kaum
spektakuläre Meldungen aus Hollywood, deshalb setze ich dieses Mal den
Schwerpunkt auf einige kleinere, storygetriebene Projekte, die 2014 oder 2015
in die Kinos kommen sollen:
- Im Computer-/Videospielebereich
ist es seit ein, zwei Jahren ein sehr interessanter Trend, daß kommende Spiele,
die normalerweise meist mangels vermuteter Massenkompatibilität nie entstehen würden, per
Crowdfunding das benötigte Geld einsammeln. Jeder kann sich also an der
Finanzierung beteiligen und wird dafür je nach Höhe der "Spende"
belohnt (wobei die Belohnung in der Regel irgendwo zwischen einem virtuellen
Händedruck und einer VIP-Karte für die Launch-Party des fertigen Spiels liegt).
Etliche Projekte haben auf diese Weise mehrere Millionen US-Dollar einsammeln
können, da war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch die Filmbranche die
ganze Sache einmal ausprobieren würde – zumal in einer Ära, in der es nach
Aussagen vieler Filmschaffender viel leichter ist, das Budget für einen
$200-Mio.-Actionfilm zusammenzukriegen als für ein $5 Mio.-Independentdrama.
Den Anfang machte das Team der TV-Serie "Veronica Mars" um deren Schöpfer
Rob Thomas und Hauptdarstellerin Kristen Bell, die von 2004 bis 2007 zu sehen
war und sich in ihren drei (hervorragenden) Staffeln eine zwar überschaubare, aber
sehr loyale Anhängerschaft aufgebaut hat. Der Versuchsballon erwies sich als
voller Erfolg (statt der eigentlich erhofften $2 Mio. wurden bei
der Plattform Kickstarter für die Kinofortsetzung fantastische $5,7 Mio. eingesammelt!), also wagte es
kurz darauf ein weiterer TV-gestählter Filmemacher: "Scrubs"-Star
Zach Braff ("Die fantastische Welt von Oz"). Daß dieser die Mithilfe seiner Fans überhaupt nötig hatte, um
endlich die Finanzierung eines neuen Films zu sichern, spricht für sich
genommen bereits Bände über die ungesunde Geldverteilung in und um Hollywood.
Schließlich hatte Braff 2004 mit "Garden State" ein äußerst
erfolgreiches Regie- und Drehbuchdebüt hingelegt – die Tragikomödie mit Braff
und Natalie Portman spielte bei Produktionskosten von $2,5 Mio. erstaunliche
$35,8 Mio. ein –, die allerdings zwei Jahre darauf von einem kleinen Flop
("Der letzte Kuß" kam bei einem Budget von $20 Mio. nur auf $15,9
Mio.) gefolgt wurde, in dem Braff aber wohlgemerkt lediglich als Schauspieler tätig
war. Doch das reichte offensichtlich bereits aus, um Braff bei den Studios als
kommerziellen Risikofaktor einzustufen. Nunja, zu seinem Glück haben die Fans
die Qualitäten von "Garden State" nicht vergessen und auch Braffs
Kickstarter-Kampagne mit einem Ergebnis von immerhin $3,1 Mio. zu einem Erfolg
werden lassen, womit sein neuer Film "Wish I Was Here" demnächst
realisiert werden wird. Die Handlung der Tragikomödie, die Braff gemeinsam mit
seinem älteren Bruder Adam geschrieben hat, dreht sich um den 35-jährigen,
mäßig erfolgreichen Schauspieler und Familienvater Aidan, der noch immer nach
dem echten Sinn seines Lebens sucht. Braff wird natürlich die Hauptrolle spielen, Kate Hudson
("Superman Returns") Aidans Ehefrau Sarah und Mandy Patinkin
("Die Braut des Prinzen", TV-Serie "Homeland") seinen Vater
Saul. Außerdem mit von der Partie sind Anna Kendrick ("50/50",
"Pitch Perfect"), Jim Parsons (Sheldon in der Kult-Sitcom "The
Big Bang Theory"), Comedian Josh Gad ("The Rocker") und Braffs
"Scrubs"-Kollege Donald Faison. Die Dreharbeiten sind für August
angesetzt, in den USA soll "Wish I Was Here" im September 2014 in die
Kinos kommen.
- Einer der renommiertesten Independent-Filmemacher dieser Zeit ist der New Yorker Noah Baumbach: Er schrieb die Drehbücher für Wes Andersons Meisterwerke "Die Tiefseetaucher" und "Der fantastische Mr. Fox", sein Regiedebüt "Der Tintenfisch und der Wal" bescherte ihm gleich eine OSCAR-Nominierung für das Drehbuch und derzeit feiert er auf Festivals Erfolge mit der Tragikomödie "Frances Ha", die am 1. August auch in die deutschen Kinos kommen wird. Derweil bereitet er bereits sein nächstes Projekt vor, und natürlich wird auch "While We're Young" eine Tragikomödie werden, bei der er nicht nur Regie führt, sondern ebenso das Skript verfaßt hat. Im Zentrum des Films steht die unwahrscheinliche Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Ehepaare, deren Darsteller seit letzter Woche allesamt feststehen: Ben Stiller ("Starsky & Hutch"), der bereits in "Greenberg" mit Noah Baumbach drehte, und die diesjährige OSCAR-Nominee Naomi Watts ("The Impossible") werden das ältere, relativ konservative Paar spielen, Adam Driver ("J. Edgar", TV-Serie "Girls") und Amanda Seyfried ("Les Misérables") das jüngere und hippere, das zu Hause seine eigene Eiscréme herstellt. Die Dreharbeiten sollen im Herbst in New York beginnen, was für einen Kinostart in der zweiten Jahreshälfte 2014 spricht (vermutlich bei einem der Herbst-Festivals, z.B. in Montréal, Venedig oder Toronto).
- In Martin Scorseses
Mystery-Thriller "Shutter Island" spielte Leonardo DiCaprio
("Der große Gatsby") die Hauptrolle, basierend auf einem Roman von
Dennis Lehane. In dem Thriller "Travis McGee" wird DiCaprio wiederum
die Hauptrolle übernehmen, als Vorlage dient diesmal der Roman "The Deep
Blue Good-by" von John D. MacDonald aus dem Jahr 1964 – nun als Drehbuch
adaptiert von Dennis Lehane. Daß Hollywood-Verfilmungen von Lehane-Büchern eine
gute Idee sind, hat sich bereits mehrfach erwiesen – außer "Shutter
Island" waren auch Clint Eastwoods "Mystic River" und Ben
Afflecks "Gone Baby Gone" sehr erfolgreich. Als reiner Drehbuch-Autor
konnte sich Lehane bislang allerdings noch nicht beweisen, zumindest nicht
außerhalb des TV-Bereichs, wo er einige Episoden der HBO-Krimiserie "The
Wire" schrieb. Die Story von "Travis McGee" klingt jedoch
durchaus so, als ob sie dem Bostoner Autor liegen müßte: Der titelgebende
Travis McGee, den MacDonald anschließend noch in 20 weiteren Romanen zum
Protagonisten machte, ist ein "Wiederbeschaffungsexperte",
der auf einem eigenen Hausboot in Florida lebt und gegen eine saftige Gebühr verlorengegangene
Objekte wiederbeschafft (klingt ein bißchen, als ob die Buchreihe als
Inspiration für die kurzlebige US-TV-Serie "The Finder" diente). Obwohl
zur Story des geplanten Films bisher noch nichts näheres bekanntgegeben wurde, ist es in der
Buchvorlage ein Schatz aus dem Zweiten Weltkrieg, den McGee finden soll. Da
bislang noch nicht einmal ein Regisseur engagiert wurde, wird es mit Sicherheit
noch eine Weile dauern, bis die Dreharbeiten beginnen, insofern rechne ich auch
nicht mit einem Kinostart vor 2015. Auf jeden Fall wird es in dieser Rubrik mit
Sicherheit noch einiges zu "Travis McGee" zu vermelden geben.
- Abschließend zwei kurze Updates: Tom Cruise ist aus Guy Ritchies Kinoversion der 1960er
Jahre-TV-Serie "The Man from U.N.C.L.E.", über die ich erst Ende
April berichtete, ausgestiegen und wird stattdessen einen fünften Teil der
"Mission: Impossible"-Reihe drehen (zu dem es ansonsten bis auf den
Drehbuch-Autor Drew Pearce, der zuletzt gemeinsam mit Shane Black das Superhelden-Abenteuer "Iron Man 3" schrieb, noch keine Informationen gibt). Ein Ersatz für Cruise wurde noch
nicht verpflichtet, die Dreharbeiten sollen aber im Herbst starten.
Vor fast genau einem Jahr schrieb ich über "Carol", die
Verfilmung eines Romans von Patricia Highsmith über eine lesbische Liebe in den
1950er Jahren. Eigentlich sollten die Dreharbeiten im Februar dieses Jahres
beginnen, doch kam es zu Verzögerungen, die nun zum Ausstieg des Regisseurs
John Crowley ("Boy A") führten. Für ihn übernimmt Todd Haynes
("Dem Himmel so fern", "I'm Not There"), als
hochkarätige Hauptdarstellerinnen bleiben Cate Blanchett und Mia
Wasikowska erfreulicherweise an Bord. Die Dreharbeiten sind auch hier für Herbst vorgesehen,
entsprechend sollte "Carol" wohl Ende 2014 in den Lichtspielhäusern
zu sehen sein.
Quellen:
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