Montag, 27. Mai 2013

Neues aus Hollywood (21/2013)

In der letzten Woche gab es kaum spektakuläre Meldungen aus Hollywood, deshalb setze ich dieses Mal den Schwerpunkt auf einige kleinere, storygetriebene Projekte, die 2014 oder 2015 in die Kinos kommen sollen:

- Im Computer-/Videospielebereich ist es seit ein, zwei Jahren ein sehr interessanter Trend, daß kommende Spiele, die normalerweise meist mangels vermuteter Massenkompatibilität nie entstehen würden, per Crowdfunding das benötigte Geld einsammeln. Jeder kann sich also an der Finanzierung beteiligen und wird dafür je nach Höhe der "Spende" belohnt (wobei die Belohnung in der Regel irgendwo zwischen einem virtuellen Händedruck und einer VIP-Karte für die Launch-Party des fertigen Spiels liegt). Etliche Projekte haben auf diese Weise mehrere Millionen US-Dollar einsammeln können, da war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch die Filmbranche die ganze Sache einmal ausprobieren würde – zumal in einer Ära, in der es nach Aussagen vieler Filmschaffender viel leichter ist, das Budget für einen $200-Mio.-Actionfilm zusammenzukriegen als für ein $5 Mio.-Independentdrama. Den Anfang machte das Team der TV-Serie "Veronica Mars" um deren Schöpfer Rob Thomas und Hauptdarstellerin Kristen Bell, die von 2004 bis 2007 zu sehen war und sich in ihren drei (hervorragenden) Staffeln eine zwar überschaubare, aber sehr loyale Anhängerschaft aufgebaut hat. Der Versuchsballon erwies sich als voller Erfolg (statt der eigentlich erhofften $2 Mio. wurden bei der Plattform Kickstarter für die Kinofortsetzung fantastische $5,7 Mio. eingesammelt!), also wagte es kurz darauf ein weiterer TV-gestählter Filmemacher: "Scrubs"-Star Zach Braff ("Die fantastische Welt von Oz"). Daß dieser die Mithilfe seiner Fans überhaupt nötig hatte, um endlich die Finanzierung eines neuen Films zu sichern, spricht für sich genommen bereits Bände über die ungesunde Geldverteilung in und um Hollywood. Schließlich hatte Braff 2004 mit "Garden State" ein äußerst erfolgreiches Regie- und Drehbuchdebüt hingelegt – die Tragikomödie mit Braff und Natalie Portman spielte bei Produktionskosten von $2,5 Mio. erstaunliche $35,8 Mio. ein –, die allerdings zwei Jahre darauf von einem kleinen Flop ("Der letzte Kuß" kam bei einem Budget von $20 Mio. nur auf $15,9 Mio.) gefolgt wurde, in dem Braff aber wohlgemerkt lediglich als Schauspieler tätig war. Doch das reichte offensichtlich bereits aus, um Braff bei den Studios als kommerziellen Risikofaktor einzustufen. Nunja, zu seinem Glück haben die Fans die Qualitäten von "Garden State" nicht vergessen und auch Braffs Kickstarter-Kampagne mit einem Ergebnis von immerhin $3,1 Mio. zu einem Erfolg werden lassen, womit sein neuer Film "Wish I Was Here" demnächst realisiert werden wird. Die Handlung der Tragikomödie, die Braff gemeinsam mit seinem älteren Bruder Adam geschrieben hat, dreht sich um den 35-jährigen, mäßig erfolgreichen Schauspieler und Familienvater Aidan, der noch immer nach dem echten Sinn seines Lebens sucht. Braff wird natürlich die Hauptrolle spielen, Kate Hudson ("Superman Returns") Aidans Ehefrau Sarah und Mandy Patinkin ("Die Braut des Prinzen", TV-Serie "Homeland") seinen Vater Saul. Außerdem mit von der Partie sind Anna Kendrick ("50/50", "Pitch Perfect"), Jim Parsons (Sheldon in der Kult-Sitcom "The Big Bang Theory"), Comedian Josh Gad ("The Rocker") und Braffs "Scrubs"-Kollege Donald Faison. Die Dreharbeiten sind für August angesetzt, in den USA soll "Wish I Was Here" im September 2014 in die Kinos kommen.

- Einer der renommiertesten Independent-Filmemacher dieser Zeit ist der New Yorker Noah Baumbach: Er schrieb die Drehbücher für Wes Andersons Meisterwerke "Die Tiefseetaucher" und "Der fantastische Mr. Fox", sein Regiedebüt "Der Tintenfisch und der Wal" bescherte ihm gleich eine OSCAR-Nominierung für das Drehbuch und derzeit feiert er auf Festivals Erfolge mit der Tragikomödie "Frances Ha", die am 1. August auch in die deutschen Kinos kommen wird. Derweil bereitet er bereits sein nächstes Projekt vor, und natürlich wird auch "While We're Young" eine Tragikomödie werden, bei der er nicht nur Regie führt, sondern ebenso das Skript verfaßt hat. Im Zentrum des Films steht die unwahrscheinliche Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Ehepaare, deren Darsteller seit letzter Woche allesamt feststehen: Ben Stiller ("Starsky & Hutch"), der bereits in "Greenberg" mit Noah Baumbach drehte, und die diesjährige OSCAR-Nominee Naomi Watts ("The Impossible") werden das ältere, relativ konservative Paar spielen, Adam Driver ("J. Edgar", TV-Serie "Girls") und Amanda Seyfried ("Les Misérables") das jüngere und hippere, das zu Hause seine eigene Eiscréme herstellt. Die Dreharbeiten sollen im Herbst in New York beginnen, was für einen Kinostart in der zweiten Jahreshälfte 2014 spricht (vermutlich bei einem der Herbst-Festivals, z.B. in Montréal, Venedig oder Toronto).

- In Martin Scorseses Mystery-Thriller "Shutter Island" spielte Leonardo DiCaprio ("Der große Gatsby") die Hauptrolle, basierend auf einem Roman von Dennis Lehane. In dem Thriller "Travis McGee" wird DiCaprio wiederum die Hauptrolle übernehmen, als Vorlage dient diesmal der Roman "The Deep Blue Good-by" von John D. MacDonald aus dem Jahr 1964 – nun als Drehbuch adaptiert von Dennis Lehane. Daß Hollywood-Verfilmungen von Lehane-Büchern eine gute Idee sind, hat sich bereits mehrfach erwiesen – außer "Shutter Island" waren auch Clint Eastwoods "Mystic River" und Ben Afflecks "Gone Baby Gone" sehr erfolgreich. Als reiner Drehbuch-Autor konnte sich Lehane bislang allerdings noch nicht beweisen, zumindest nicht außerhalb des TV-Bereichs, wo er einige Episoden der HBO-Krimiserie "The Wire" schrieb. Die Story von "Travis McGee" klingt jedoch durchaus so, als ob sie dem Bostoner Autor liegen müßte: Der titelgebende Travis McGee, den MacDonald anschließend noch in 20 weiteren Romanen zum Protagonisten machte, ist ein "Wiederbeschaffungsexperte", der auf einem eigenen Hausboot in Florida lebt und gegen eine saftige Gebühr verlorengegangene Objekte wiederbeschafft (klingt ein bißchen, als ob die Buchreihe als Inspiration für die kurzlebige US-TV-Serie "The Finder" diente). Obwohl zur Story des geplanten Films bisher noch nichts näheres bekanntgegeben wurde, ist es in der Buchvorlage ein Schatz aus dem Zweiten Weltkrieg, den McGee finden soll. Da bislang noch nicht einmal ein Regisseur engagiert wurde, wird es mit Sicherheit noch eine Weile dauern, bis die Dreharbeiten beginnen, insofern rechne ich auch nicht mit einem Kinostart vor 2015. Auf jeden Fall wird es in dieser Rubrik mit Sicherheit noch einiges zu "Travis McGee" zu vermelden geben.

- Abschließend zwei kurze Updates: Tom Cruise ist aus Guy Ritchies Kinoversion der 1960er Jahre-TV-Serie "The Man from U.N.C.L.E.", über die ich erst Ende April berichtete, ausgestiegen und wird stattdessen einen fünften Teil der "Mission: Impossible"-Reihe drehen (zu dem es ansonsten bis auf den Drehbuch-Autor Drew Pearce, der zuletzt gemeinsam mit Shane Black das Superhelden-Abenteuer "Iron Man 3" schrieb, noch keine Informationen gibt). Ein Ersatz für Cruise wurde noch nicht verpflichtet, die Dreharbeiten sollen aber im Herbst starten.
Vor fast genau einem Jahr schrieb ich über "Carol", die Verfilmung eines Romans von Patricia Highsmith über eine lesbische Liebe in den 1950er Jahren. Eigentlich sollten die Dreharbeiten im Februar dieses Jahres beginnen, doch kam es zu Verzögerungen, die nun zum Ausstieg des Regisseurs John Crowley ("Boy A") führten. Für ihn übernimmt Todd Haynes ("Dem Himmel so fern", "I'm Not There"), als hochkarätige Hauptdarstellerinnen bleiben Cate Blanchett und Mia Wasikowska erfreulicherweise an Bord. Die Dreharbeiten sind auch hier für Herbst vorgesehen, entsprechend sollte "Carol" wohl Ende 2014 in den Lichtspielhäusern zu sehen sein.

Quellen:

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