Freitag, 26. April 2013

DIE QUEEN (2006)

Regie: Stephen Frears, Drehbuch: Peter Morgan, Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Dame Helen Mirren, James Cromwell, Michael Sheen, Helen McCrory, Sylvia Syms, Alex Jennings, Roger Allam, Tim McMullan, Mark Bazeley, Douglas Reith, Wolfgang Pissors
The Queen
(2006) on IMDb Rotten Tomatoes: 97% (8,4); weltweites Einspielergebnis: $124,9 Mio.
FSK: 0, Dauer: 104 Minuten.

Im Frühjahr 1997 wird Tony Blair (Michael Sheen, "Midnight in Paris") in Großbritannien zum Premierminister gewählt und absolviert kurz darauf seinen Antrittsbesuch bei Queen Elizabeth II. (OSCAR für Dame Helen Mirren). Die beiden starken Persönlichkeiten sind sich auf Anhieb nicht übermäßig sympathisch, auch wenn Blair – zum Unwillen seiner monarchiekritischen Gattin Cherie (Helen McCrory, "Hugo Cabret") – eine gewisse Faszination, die von der Aura der Queen ausgeht, nicht leugnen kann. Wenige Wochen später verunglückt Prinzessin Diana, gejagt von Paparazzi, in einem Pariser Autotunnel tödlich. Ganz Großbritannien ist in Trauer, nur die königliche Familie bleibt in ihrem Urlaub im schottischen Landsitz Balmoral und schweigt – schließlich war Diana nach der Scheidung von Prinz Charles (Alex Jennings, "Babel") nicht mehr allzu beliebt bei den Royals. Die Nicht-Reaktion schürt allerdings den Zorn der Massen, befeuert und gesteuert durch die berüchtigte britische Regenbogenpresse, die teilweise bereits den Anfang vom Ende der Monarchie gekommen sieht. Blair, obwohl selbst kein erklärter Freund der Monarchie, versucht alles, um die Queen vom Ernst der Lage zu überzeugen, doch sie, ihre Familie und die die Berater bestehen zunächst darauf, die althergebrachten Regeln und Traditionen einzuhalten, die es beispielsweise noch nicht einmal erlauben, die königliche Flagge auf dem Buckingham Palace auf Halbmast zu setzen, wie es von der Presse gefordert wird ...

Kritik:
Als der britische Regisseur Stephen Frears ("Gefährliche Liebschaften") bekanntgab, einen Film über Queen Elizabeth II. und die Zeit nach dem Tod von Prinzessin Diana zu drehen, glaubten nur wenige, daß daraus ein ernsthafter OSCAR-Anwärter werden würde – oder auch nur, daß der Regisseur es schaffen würde, einen Stoff, der ein klassischer Tränenzieher zu werden versprach/drohte, amüsant und zugleich einfühlsam umzusetzen. Doch das ist ihm tatsächlich gelungen, nicht zuletzt aufgrund einer hervorragenden Darsteller-Riege und des mit dem Golden Globe prämierten Drehbuchs von Peter Morgan ("Der letzte König von Schottland", "Frost/Nixon").

Interessant ist dabei natürlich speziell die Art und Weise der Darstellung von Personen des öffentlichen Lebens. Helen Mirren interpretiert die Queen meisterhaft: stets ernst und würdevoll, durchaus distanziert, dabei aber keineswegs gefühllos. Problemlos macht sie den Widerstreit ihrer Gefühle transparent, sowohl was den tragischen Tod der von ihr nicht wirklich geschätzten Diana betrifft (die aber nunmal auch die Mutter der beiden nun untröstlichen Queen-Enkelsöhne William und Harry war) als auch den medialen und gesellschaftlichen Aufruhr in der Folge, den es ihr schlicht und ergreifend sehr schwer fällt zu begreifen. Daß das keineswegs herzlos ist, wie es der "echten" Queen damals vielfach unterstellt wurde, sondern an der unterschiedlichen Perspektive liegt – für Elizabeth war Diana eben keine Heilige, keine "Prinzessin der Herzen" –, wird im reibungslosen Zusammenspiel von Morgans immer wieder überraschend humorvollem Drehbuch, Frears' einfühlsamer Inszenierung und Mirrens herausragender Schauspielkunst sehr deutlich. Und das ist eine große Leistung.

Tony Blair, der zunächst als zwar sympathischer, aber eher tölpelhafter Mensch eingeführt wird, durchlebt im Lauf der Handlung die größte Entwicklung. Er bewährt sich im Krisenmanagement und zeigt, anders als einige seiner Mitarbeiter, auch menschliche Größe, bekommt von der Queen höchstpersönlich jedoch bereits jene Schwächen aufgezeigt, an denen er in der Realität letztlich scheitern sollte. Michael Sheen gelingt diese Darstellung kaum weniger überzeugend als der Titeldarstellerin, gerade in den gemeinsamen Szenen zeigt er sein ganzes Können. Aus der durchweg starken übrigen Besetzung ragen vor allem James Cromwell ("The Artist") als Prinz Philip, Sylvia Syms ("Der Teufelskreis") als gutmütige Queen Mum und Helen McCrory als äußerst kratzbürstige Cherie Blair etwas heraus.

Positiv anzumerken ist zudem, daß Frears auch die gesellschaftliche Rolle der Person und vor allem der Symbolfigur Diana – die im Film ja nur eine passive Rolle spielt – durchaus nachdenklich und ausgewogen beleuchtet und seine Protagonisten einige kritische Sätze darüber verlieren läßt. Gleichzeitig wird die königliche Familie von dem nach eigener Aussage eigentlich monarchiekritischen Regisseur ebenso objektiv dargestellt. Frears legt einige Fehler dieser Monarchie offen, bleibt aber jederzeit respektvoll und mitfühlend. Echte Schwächen offenbart "Die Queen" eigentlich nicht, jedoch ist das Erzähltempo über weite Strecken (vor allem in der ersten Hälfte) recht bedächtig. Und wer sich wirklich überhaupt nicht für die Royals und die Hintergründe von Politik, Traditionen und höfischer Etikette interessiert, der dürfte mit Frears' Film wohl kaum glücklich werden.

Fazit: "Die Queen" ist eine wunderbar gefilmte, hervorragend gespielte, sehr einfühlsame und durchaus hintersinnige Tragikomödie, die einen zwar spekulativen, aber ungemein authentisch wirkenden Blick hinter die Kulissen der britischen Monarchie wirft.

Wertung: 8 Punkte.


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