Dienstag, 12. März 2013

RADIO ROCK REVOLUTION (2009)

Originaltitel: The Boat That Rocked
Regie und Drehbuch: Richard Curtis
Darsteller: Tom Sturridge, Bill Nighy, Philip Seymour Hoffman, Rhys Ifans, Nick Frost, Kenneth Branagh, Chris O'Dowd, Rhys Darby, Tom Wisdom, Ralph Brown, Katherine Parkinson, Will Adamsdale, Gemma Arterton, Jack Davenport, Talulah Riley, January Jones, Sinead Matthews, Tom Brooke, Stephen Moore, Emma Thompson
The Boat That Rocked
(2009) on IMDb Rotten Tomatoes: 60% (5,7); weltweites Einspielergebnis: $36,4 Mio.
FSK: 12, Dauer: 135 Minuten.

England, 1966: Die britische Rock- und Popmusik befindet sich auf ihrem Zenit, doch der Radiomonopolist BBC sendet lieber klassische Musik und gönnt den Zuhörern weniger als 45 Minuten pro Tag Musik von den Beatles, den Rolling Stones und all den anderen großartigen Künstlern dieser Ära. Als Folge dieses mangelnden Respekts vor dem Publikum gründen sich immer mehr Piratensender, die von Schiffen in der Nordsee aus senden. Das ist legal, gefällt der konservativen Regierung aber überhaupt nicht. Folgerichtig werden der engstirnige Minister Dormandy (Kenneth Branagh, "Jack Ryan: Shadow Recruit") und sein Assistent Twatt (Jack Davenport, "Fluch der Karibik") beauftragt, etwas gegen diese Piratensender zu unternehmen. Als mit 23 Millionen Zuhörern deutlich erfolgreichster Sender steht vor allem "Radio Rock" in der Schußlinie des Spaßverderber-Ministers ...

Kritik:
Wenn jemand in 50 Jahren das Lexikon unter "F" wie Feelgood-Movie aufschlägt, wird er dort ein Foto von "Radio Rock Revolution" finden – garantiert! Richard Curtis, Autor von Filmen wie "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" oder "Notting Hill", macht in seiner zweiten Regiearbeit nach dem grandiosen Episodenfilm "Tatsächlich ... Liebe" einmal mehr das, was er am besten kann: Einen oberflächlichen und vollkommen unrealistischen, aber extrem spaßigen, brillant besetzten und mit einem herausragenden Soundtrack versehenen Gute-Laune-Film. Wobei im Vergleich zu Curtis' früheren Werken diesmal die Romantik eine kleinere Rolle spielt, dafür gibt es (noch) mehr Slapstick als gewohnt.

Das Publikum lernt die durchgeknallte "Radio Rock"-Besatzung durch den Teenager Carl (Tom Sturridge, "On the Road – Unterwegs") kennen, der als Patensohn des Senderchefs Quentin (Bill Nighy, "Zorn der Titanen") auf dem Schiff viel über das Leben, Freundschaft und die Liebe lernt. Als teils mehr, teils weniger hilfreich erweisen sich dabei die Discjockeys, zu denen der obercoole Count (phänomenal wie immer: Philip Seymour Hoffman, "Glaubensfrage"), der abgehobene Star-DJ Gavin (Rhys Ifans, "Anonymus"), der irre Schotte Angus (Rhys Darby, "Der Ja-Sager", TV-Serie "Flight of the Conchords"), der schweigsame Frauenheld Midnight Marc (Tom Wisdom, "300") und der übergewichtige Obermacho Dr. Dave (Nick Frost, "Hot Fuzz") zählen. Die DJs kommen für sich genommen gar nicht mal allzu sympathisch rüber, sind als eingespieltes Team aber einfach unschlagbar komisch – wofür auch das hemmungslos überzogene Schauspiel der glänzend aufgelegten Darsteller sorgt. Gleiches gilt für den Shakespeare-Mimen Kenneth Branagh, der seine Rolle als stocksteifer Film-Bösewicht herzhaft übertreibt und das sichtlich genießt.

Die durchaus zahlreichen Kritiker des in den Kinos leider gefloppten "Radio Rock Revolution" bemängeln an der Handlung – wie eigentlich immer bei Curtis' Filmen – die fehlende Komplexität und Relevanz. Damit liegen sie durchaus richtig, die anekdotenhafte Story ohne jeden Tiefgang ist dieses Mal sogar ganz besonders flach. Theoretisch. Außerdem wird die damalige reale Piratensender-Kultur ziemlich verherrlicht, indem die dunklen Seiten (wie Bombenattentate konkurrierender Sender) komplett verschwiegen werden. Und gelegentlich sind Songs zu hören, die 1966 noch gar nicht existierten. Aber in der Praxis sollten solche Kleinigkeiten eigentlich nur Historiker und Feuilletonisten ernsthaft stören. Für den normalen Zuschauer mit einem Faible für richtig gute Musik aus vergangenen Jahrzehnten (die hervorragende Soundtrack-Doppel-CD zum Film vereint immerhin 36 davon) ist "Radio Rock Revolution" einfach nur gute Laune in Reinformat. Die Heimkinoveröffentlichungen liefern übrigens (wie bei "Tatsächlich ... Liebe") mehr als 30 Minuten an (optional) von Curtis kommentierten zusätzlichen Szenen, die nicht etwa wegen qualitativer Bedenken aus der Kinofassung geflogen sind, sondern vor allem deshalb, weil diese mit 135 Minuten sowieso schon sehr lang ist.

Fazit: "Radio Rock Revolution" ist vielleicht kein guter Film im herkömmlichen Sinne, aber dafür eine wunderbare, brillant besetzte, emotionale und vor allem unheimlich witzige Hymne auf Freiheit, Freundschaft und Rock 'n' Roll.

Wertung: 9 Punkte.


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