Donnerstag, 17. April 2025

THE GORGE (2025)

Regie: Scott Derrickson, Drehbuch: Zach Dean, Musik: Trent Reznor und Atticus Ross
Darsteller: Miles Teller, Anya Taylor-Joy, Sigourney Weaver, Sope Dirisu, William Houston, Kobna Holdbrook-Smith, Ruta Gedmintas
The Gorge (2025) on IMDb Rotten Tomatoes: 63% (5,9); Altersempfehlung: 12, Dauer: 127 Minuten.
Seit 1946 ist es das vielleicht größte Geheimnis der Menschheit: eine Schlucht irgendwo im Nirgendwo, aus der grausige Kreaturen die Oberfläche erreichen wollen! Dieses "Tor zur Hölle" wird seitdem bewacht von einem großangelegten automatischen Waffensystem, auf das aus Geheimhaltungsgründen immer nur genau zwei Menschen jeweils ein Jahr lang aufpassen und es warten – einer von einem Turm auf der Westseite aus und einer von einem Turm aus der Ostseite aus. Für die neueste Rotation auf dem Westturm wird der Scharfschütze und Ex-Marine Levi Kane (Miles Teller, "Top Gun: Maverick") von der geheimnisvollen Bartholomew (Sigourney Weaver, "Alien") angeheuert, während im Ostturm die litauische Scharfschützin Drasa (Anya Taylor-Joy, "The Northman") ihren Dienst antritt. Obwohl Kontakt zwischen den beiden Türmen streng verboten ist, kommunizieren sie schon bald via Tafel und Fernglas miteinander und kommen sich immer näher, helfen einander auch bei einem Ausbruchsversuch der Kreaturen aus der Schlucht. Doch dann geschieht ein Unglück ...

Kritik:
Es geschieht nicht oft, aber ab und zu wird man auch als Vielgucker tatsächlich mal (positiv) überrascht. So erging es mir mit der aufwendig produzierten Apple TV+-Produktion "The Gorge" von Scott Derrickson ("Doctor Strange"). Die Kritiken fielen sehr gemischt, wenn auch insgesamt leicht positiv aus und die Prämisse klang ziemlich nichtssagend (um nicht zu spoilern, wie sich herausstellt), weshalb sich meine Erwartungen trotz der guten Besetzung in Grenzen hielten. Doch dann hat mich "The Gorge" fast von Beginn an gepackt. Der Genremix aus Horror, Action, Romanze und Survival-Thriller begeistert vor allem in der ersten Hälfte mit einer wunderbaren Atmosphäre, zwei sympathischen und gut miteinander harmonierenden Protagonisten und einer erfrischenden Unberechenbarkeit. Bedauerlicherweise hält "The Gorge" das hohe Niveau nicht ganz durch, was in erster Linie daran liegt, dass er eine altbekannte und sehr bewährte Regel des Horrorkinos ignoriert: Zeig' nie zu früh zu viel von deinen Monstern! In "The Gorge" werden die schon beim ersten Angriff ziemlich deutlich enthüllt und man kann sich dann bereits in etwa denken, was hinter ihnen steckt (jedenfalls ging es mir so). Das nimmt dem Publikum einen größeren Teil der Ungewißheit und damit auch der Anspannung und führt dazu, dass die zweite Filmhälfte primär auf Action setzt. Da diese ebenso wie die Kreaturen sehenswert inszeniert ist, handelt es sich dabei jedoch um Kritik auf hohem Niveau und insgesamt gibt es von mir eine klare Empfehlung für "The Gorge".

Drehbuch-Autor Zach Dean ("The Tomorrow War") und Regisseur Derrickson lassen sich viel Zeit mit der Einführung ihrer beiden Hauptfiguren und der neuen Routine bei ihrer ungewöhnlichen Aufgabe. Das zahlt sich aus, denn obwohl zumindest Levi zunächst recht unnahbar daherkommt, schließen wir ihn und die fröhliche Drasa schnell ins Herz und schauen ihnen auch gerne bei ihrer zart aufblühenden "Fern-Romanze" zu. Der Zyniker in uns hinterfragt derweil möglicherweise, wie sinnvoll es ist, eine offenbar so gewaltige Bedrohung für die Menschheit wie dieses "Tor zur Hölle" nur von genau zwei Menschen bewachen zu lassen. Klar, sie sollen letztlich nur die automatischen Waffen warten und deren Munition auffüllen und dass Geheimhaltung ihren Vorgesetzten extrem wichtig ist, erfahren die Zuschauer schon deutlich früher als Levi und Drasa. Trotzdem wirkt es nicht ganz glaubwürdig, sich tatsächlich auf zwei Personen zu beschränken, die ja auch krank werden oder einen Unfall haben könnten (was bei nur einem regulären Funkkontakt mit der Basis pro Monat unter Umständen lange nicht bemerkt würde). Durch die Auflösung der Geschichte wird diese Kritik zwar etwas relativiert, ich bleibe aber dabei, dass ein "Zwei Mann/Frau pro Turm"-System das Minimum sein müßte. Doch dann würde natürlich die Liebesgeschichte zwischen Levi und Drasa nicht so gut funktionieren …

Zugegebenermaßen wirkt der Übergang zwischen den einzelnen Genres innerhalb dieses wilden Mischmaschs mitunter etwas holprig, aber das Ganze wird neben den Hauptdarstellern vor allem durch Derricksons routinierte Inszenierung zusammengehalten, die eine wunderbar schaurige, offensichtlich (gerade in der latent beunruhigenden Farbgebung) vom kosmischen Horror eines H.P. Lovecraft inspirierte Atmosphäre erzeugt. Kongenial ergänzt wird das Geschehen durch den gewohnt hochwertigen, in den Actionsequenzen unbarmherzig antreibenden Soundtrack der OSCAR-Gewinner Trent Reznor und Atticus Ross ("The Social Network"). Man muß sich "The Gorge" vorstellen als eine Mischung aus "Aliens – Die Rückkehr", "The Last of Us" und den "S.T.A.L.K.E.R."-Computerspielen, nur eben kombiniert mit einer Liebesgeschichte. Das leicht eklige Kreaturendesign überzeugt ebenfalls und wenngleich der Actionanteil in der zweiten Filmhälfte mir persönlich zu hoch ist, gibt es an der Umsetzung der Kampfszenen wenig zu bemängeln. Manchmal verhalten sich die Kreaturen vielleicht nicht ganz in sich stimmig, aber darüber kann man gnädig hinwegsehen – ebenso wie über die etwas überstürzt und leicht antiklimaktisch wirkende finale Konfrontation. Insgesamt ist "The Gorge", wie erwähnt, eine positive Überraschung, weil er zwar viele bekannte Elemente aus allen möglichen Richtungen kombiniert und nicht frei von Mängeln ist  schade ist vor allem, daß man nicht allzu lange rätseln darf, worum es sich bei dem großen Geheimnis der Schlucht handelt , dabei aber tatsächlich etwas erfrischend Neues und Unerwartetes erschafft. Gerne mehr davon!

Fazit: "The Gorge" ist eine wilde, von zwei exzellenten Hauptdarstellern getragene Mischung aus Horror, Action, Romanze und Survival-Thriller, die zwar in der zweiten Hälfte etwas schwächelt, aber doch bis zum Schluß gut unterhält.

Wertung: 8 Punkte.
 
 
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