Die Liste deutschsprachiger Schauspieler, die internationalen Starruhm einheimsten, ist ziemlich kurz, die deutscher Schauspieler sogar noch kürzer. Abgesehen von der zweifachen OSCAR-Gewinnerin Luise Rainer ("Der große Ziegfeld"), Marlene Dietrich ("Im Zeichen des Bösen"), Gert Fröbe ("Goldfinger"), Horst Buchholz ("Die glorreichen Sieben"), Curd Jürgens ("Der Spion, der mich liebte"), Klaus Kinski ("Aguirre, der Zorn Gottes"), Elke Sommer ("Ein Schuß im Dunkeln"), Klaus Maria Brandauer ("Jenseits von Afrika"), Armin Mueller-Stahl ("Tödliche Versprechen"), Diane Kruger ("Inglourious Basterds"), Daniel Brühl ("Rush") und natürlich dem zweifachen OSCAR-Gewinner Christoph Waltz (gebürtiger Österreicher mit deutschem Vater) finden sich nicht viele; mit etwas gutem Willen kann man vielleicht noch die in Hollywood auf Nebenrollen abonnierten David Kross ("Der Vorleser"), Franka Potente ("Die Bourne Identität"), Thomas Kretschmann ("King Kong"), Udo Kier ("Blade") oder Til Schweiger ("King Arthur") dazuzählen. Und Hardy Krüger. Der gebürtige Berliner eroberte Hollywood in den 1960er Jahren und drehte innerhalb von zwei Jahrzehnten in Haupt- oder großen Nebenrollen eine ganze Reihe von heutigen Filmklassikern an der Seite einiger der größten Stars der Filmgeschichte. Am 19. Januar 2022 starb Hardy Krüger mit 93 Jahren an seinem letzten Wohnort Palm Springs in Kalifornien.
Hardy Krügers Leben begann wie das seiner gesamten Generation dramatisch, denn während er noch ein Teenager war, brach der Zweite Weltkrieg aus. Krüger, der nach eigener Aussage in einer überzeugten Nazi-Familie aufwuchs, war bei der Hitler-Jugend, stand 1943 in einem Propagandafilm erstmals vor der Kamera und wurde 1945 zum Wehrdienst eingezogen - doch schon nach kurzer Zeit desertierte er und war offensichtlich nachhaltig von der so lange aufgesogenen Nazi-Propaganda geheilt, denn fortan sollte er sich bis zum Ende seines langen Lebens mit voller Überzeugung gegen Rechtsextremismus einsetzen. Tatsächlich war das sogar ein Grund dafür, daß er im Gegensatz zu anderen deutschen Schauspielern nie ein Problem damit hatte, in internationalen Filmen einen Nazi zu spielen, denn er sah das als Teil seines Engagements gegen Rechtsextremismus. In den 1950er Jahren etablierte sich Krüger mit Filmen wie "Schön muß man sein" (1951), "Solange Du da bist" (1953; brachte ihm die erste von nur zwei Nominierungen für den Deutschen Filmpreis ein), "An der schönen blauen Donau" (1955), dem (wegen einiger Nacktszenen) damaligen Skandalfilm "Liane, das Mädchen aus dem Urwald" (1956) oder "Die Christel von der Post" (1956) schnell als einer der beliebtesten jungen Schauspieler in Deutschland, was ihn angesichts des zumeist eher seichten Niveaus des weitgehend auf Wohlfühlkino beschränkten deutschen Kinos dieser Ära kreativ aber nicht ausfüllte. Daher hielt der sowohl des Englischen als auch des Französischen mächtige Krüger außerhalb Deutschlands Ausschau nach fordernden Rollen und wurde erstmals fündig bei Roy Ward Bakers britischem Kriegsfilm "Einer kam durch" (1957), in dem er die Hauptrolle des (realen) deutschen Jagdfliegers Franz von Werra übernahm, der über England abgeschossen wurde und in Kriegsgefangenschaft geriet. Der Film kam bei den Kritikern gut an und war ein Hit in Großbritannien und Deutschland, wobei Krüger für seine schauspielerische Leistung viel Lob erhielt. Folgerichtig bekam er fortan deutlich interessantere Rollenangebote - wenn auch viele mit direktem Bezug zum Weltkrieg - sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland, was ihn zu einem vielbeschäftigten Mann machte. Zu den Highlights dieser Zeit zählen Paul Mays im besetzten Paris spielender Kriegsthriller "Der Fuchs von Paris" (1957), Werner Klinglers Heistfilm "Banktresor 713" (1957), Joseph Loseys britischer Krimi "Die tödliche Falle" (1959), Helmut Käutners Krimidrama "Der Rest ist Schweigen" (1959) und Denys de La Patellières exzellenter, OSCAR-prämierter französischer Antikriegsfilm "Taxi nach Tobruk" (1961), in dem Krüger an der Seite von Lino Ventura und Charles Aznavour überzeugte.
Nun wurde Hollywood aufmerksam auf den ebenso talentierten wie gutaussehenden Deutschen mit den blonden Haaren und den strahlend blauen Augen und gab ihm eine Hauptrolle an der Seite von John Wayne in Howard Hawks' äußerst unterhaltsamem Afrika-Abenteuer "Hatari!" (1962) - das übrigens größtenteils auf einer Farm im heutigen Tansania gedreht wurde, die Krüger anschließend kaufte und auf der der erklärte Afrika-Fan jahrzehntelang zwischen Filmdrehs leben sollte. In "Hatari!" spielt Krüger den früheren Rennfahrer Kurt Müller, der Teil eines internationalen Teams ist, das in Afrika Großwild für Zoos fängt. Aus heutiger Perspektive moralisch nicht ganz unproblematisch, doch wenn man darüber hinwegsieht, ist Hawks' Film immer noch ein sehr amüsantes und toll gefilmtes Abenteuer zur grandiosen Musik von Henry Mancini (den "Baby Elephant Walk" wird niemand aus dem Gehörgang bekommen, der ihn je gehört hat ...), in dem Krüger sich bemerkenswerterweise dem US-Publikum einmal nicht als Nazi, sondern als Sympathieträger vorstellen durfte. Vermutlich deshalb agierte Hardy Krüger auch in seiner zweiten Hollywood-Großproduktion in einer positiven (Schlüssel-)Rolle: In Robert Aldrichs Abenteuerfilm-Klassiker "Der Flug des Phoenix" (1965) spielt er an der Seite von James Stewart, Richard Attenborough und Ernest Borgnine einen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes in der Wüste, den spröden deutschen Flugzeugkonstrukteur Heinrich Dorfmann, so überzeugend, daß er sogar für den Golden Globe nominiert wurde (er lehnte die Nominierung allerdings ab, wobei er wohl nie eine konkrete Begründung dafür angab). Es folgten bis in die frühen 1980er Jahre hinein weitere gute Rollen in englischsprachigen Spielfilmen wie Stanley Kramers Kriegskomödie "Das Geheimnis von Santa Vittoria" (1969), Ken Annakins Abenteuerdrama "Papier Tiger" (1974) mit David Niven und Toshirō Mifune, Richard Attenboroughs Kriegsepos "Die Brücke von Arnheim" (1977), Andrew V. McLaglens Söldner-Actionfilm "Die Wildgänse kommen" (1978) mit Richard Burton, Richard Harris, Roger Moore und Stewart Granger oder Richard Brooks' satirischer Politthriller "Flammen am Horizont" (1982) - sowie ein letztes großes Meisterwerk mit Sir Stanley Kubricks virtuosem Historiendrama "Barry Lyndon" (1975), in dem Krüger den preußischen Offizier von Potzdorf verkörpert.
Doch trotz seiner recht regelmäßigen Hollywood-Ausflüge verbrachte Hardy Krüger den Großteil seiner Zeit als Schauspieler in europäischen Produktionen, häufig französischen. So gilt Serge Bourgignons mit dem Auslands-OSCAR ausgezeichnetes Melodram "Sonntage mit Sybill" (1962), in dem er den traumatisierten und halbinvaliden französischen Indochina-Veteran Pierre spielt, der sich um die 12-jährige Waise Sybill kümmert und deshalb in Pädophilie-Verdacht gerät, als einer von Krügers besten Filmen überhaupt, auch wenn er ziemlich in Vergessenheit geraten ist. Zudem spielte er die Hauptrolle eines im Zweiten Weltkrieg im Widerstand gegen die Nazis engagierten Franziskaners in Claude Autant-Laras "Le Franciscain de Bourges" (1968), agierte im mit internationalen Stars wie Yul Brynner, Franco Nero und Orson Welles besetzten jugoslawischen Zweiter Weltkriegs-Drama "Die Schlacht an der Neretva" (1969) und trat neben Sean Connery und Claudia Cardinale im sowjetisch-italienischen Abenteuerfilm "Das rote Zelt" (1969) auf. Nicht im positivsten Sinne denkwürdig war derweil die Titelrolle des "Potato Fritz" in Peter Schamonis Comedy-Western, der definitiv nicht zu den Highlights von Krügers Karriere zählt und heutzutage aus gutem Grund vor allem dafür bekannt ist, daß der Fußball-Weltmeister Paul Breitner darin eine Nebenrolle spielt ... Ab den 1980er Jahren gab Krüger die Schauspielerei nach und nach auf - wobei er als "Wüstenfuchs" Erwin Rommel in drei Episoden der hochkarätigen US-Miniserie "Feuersturm und Asche" (1988-1989) einen guten Abschluß fand - und konzentrierte sich stattdessen mehr auf seine in den 1970ern begonnene Tätigkeit als erfolgreicher Autor von sowohl Romanen als auch Sachbüchern (häufig Reiseberichte). Ein kurzes Comeback als Schauspieler gab Hardy Krüger im Jahr 2011 für den TV-Film "Familiengeheimnisse", der sein letzter Film bleiben sollte. Sein letztes Buch, die Erzählungssammlung "Ein Buch von Tod und Liebe", wurde 2018 veröffentlicht. Mit Christiane Krüger und Hardy Krüger Jr. wurden zwei seiner drei Kinder ebenfalls Schauspieler, waren respektive sind aber vorwiegend im TV-Bereich tätig.
Am 19. Januar 2022 verstarb Hardy Krüger im Alter von 93 Jahren in Palm Springs in den USA. R.I.P.
In welcher Wüste spielte Der Flug des Phönix mit Hardy Krüger?
AntwortenLöschenIn der Sahara (das Remake in der Wüste Gobi).
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