Regie: Adam Robitel, Drehbuch: Bragi F. Schut, Maria
Melnik, Musik: John Carey, Brian Tyler
Darsteller: Taylor Russell, Jay Ellis, Deborah Ann Woll,
Tyler Labine, Logan Miller, Nik Dodani, Yorick van Wageningen, Adam Robitel
FSK: 16, Dauer: 100 Minuten.
Sechs Menschen, die auf den ersten Blick keinerlei
Verbindungen oder auch nur Ähnlichkeiten miteinander haben, erhalten eine
Einladung zu einem mysteriösen neuen Escape Room, durch dessen Bewältigung man
$10.000 gewinnen könne: die hochintelligente, aber sehr schüchterne Zoey
(Taylor Russell, "Waves"), der erfolgsverwöhnte Investment-Banker Jason (Jay Ellis, TV-Serie "Insecure"),
LKW-Fahrer Mike (Tyler Labine, "Tucker & Dale vs. Evil"), die traumatisierte Ex-Soldatin Amanda (Deborah
Ann Woll, Netflix-Serie "Daredevil"), Lagerarbeiter Ben (Logan Miller, "Scouts vs. Zombies") und der erklärte Escape
Room-Fan Danny (Nik Dodani, "Dear Evan Hansen"). Vor Ort angekommen, stellt sich ziemlich schnell heraus,
daß dieser Escape Room etwas anders ist als die zahllosen Exemplare, die Danny
bereits gelöst hat. So gibt es scheinbar keine Rahmenhandlung, sondern es geht
ganz einfach plötzlich los. Das wäre noch vertretbar, allerdings scheinen die
Räume voller tatsächlich tödlicher Fallen zu sein, was aus dem harmlosen Spaß
bald ein erbarmungsloses "Spiel" um Leben und Tod macht, bei dem das
Sextett all seine Fähigkeiten nutzen muß, um vielleicht zu entkommen …
Kritik:
Wer sich über den Horrorfilm "Escape Room" von
Adam Robitel ("Insidious: The Last Key") informiert, der wird früher
oder später über eine Formulierung á la "Saw light" stoßen.
Eigentlich ist das aber irreführend, beschränken sich die Parallelen zwischen "Escape Room" und James Wans genreprägendem "Saw" aus dem Jahr 2004 doch weitgehend darauf, daß es um eine Gruppierung untereinander fremder Menschen
geht, die sich gegen tödliche Fallen behaupten müssen. Okay, das klingt schon
ähnlich, aber die Ausführung ist deutlich verschieden, zumal in
"Escape Room" – nomen est omen – die Räume selbst mehr im Mittelpunkt
stehen als die Fallen selbst. Damit erinnert "Escape Room" viel
stärker an den kanadischen 1990er Jahre-Klassiker "Cube" von Vincenzo Natali, der jedoch niemals die weltweite Bekanntheit von "Saw" erlangte.
Wichtiger als die geistigen Vorbilder ist natürlich sowieso die Qualität
des Films – und die kann sich durchaus sehen lassen. Zwar ist der vom in den
2010er Jahren aufgekommenen Trend der Escape Room- oder auch Escape Game-Rätselspiele
inspirierte Film sicherlich kein Meisterwerk des Genres, hat keine
herausragenden schauspielerischen Leistungen zu bieten, kommt auch nicht allzu einfallsreich daher und reizt das Potential der Prämisse kaum aus –
aber er macht lange Zeit wirklich Spaß!
Vor allem die erste Hälfte ist
sehr gelungen, weil es Robitel gelingt, die Frage, was eigentlich genau
passiert und warum, immer weiter hinauszuzögern, ohne damit zu nerven. Es geht
dem Publikum wie den sechs Protagonisten, die in der Erwartung eines harmlosen,
aber potentiell einträglichen Rätselspiels den Tag beginnen und schnell
feststellen müssen, daß sie fortan um ihr Leben rätseln müssen! Am Anfang
halten sie alles für geschickte Illusionen und ich muß zugeben, daß ich selbst
nach den erstaunlich spät auftretenden ersten beiden Todesfällen noch die
Möglichkeit sah, daß tatsächlich alles auf eine Auflösung á la David Finchers "The Game" hinauslaufen könnte. Doch die "Spieler" können sich auf dieser
vagen Hoffnung kaum ausruhen, denn logischerweise ist es deutlich sicherer, die
Rätselräume zu lösen und somit heil am Ziel anzukommen, sofern das vom
Spiele-Konstrukteur überhaupt vorgesehen ist. Damit man mit den Protagonisten
mitfiebern kann, muß der Film sie den Zuschauern zumindest einigermaßen
nahebringen, das funktioniert in "Escape Room" ziemlich gut.
Richtig große Sympathieträger gibt es nicht, dafür aber auch keine reinen
Ekelpakete, das Ensemble bewegt sich vielmehr in einem ziemlich realitätsnahen
Graubereich (allerdings frage ich mich schon, was bei denen in der
musikalischen Erziehung schiefgelaufen ist, daß sie alle den in einem Raum
bedeutsamen Song "Downtown" von Petula Clark schrecklich finden …).
Problematisch ist jedoch, daß nur drei aus dem Sextett zu Beginn einen
eigenen kurzen Prolog spendiert bekommen, denn damit ist die Wahrscheinlichkeit sehr
hoch, daß diese drei jedenfalls nicht gleich zu Beginn des Weg alles
Sterblichen gehen werden. Das erste Opfer sollte halbwegs erfahrenen
Horrorzuschauern aber sowieso klar sein und es gibt auch einen offensichtlichen
Favoriten für die "Last Person Standing"-Position, dazwischen
gestaltet sich die Todes-Reihenfolge erfreulich unvorhersehbar.
Die Fallenräume selbst sind vor allem zu Beginn gut und
detailreich gestaltet, jedoch legen Robitel und die Drehbuch-Autoren Bragi F.
Schut ("Der letzte Tempelritter") und Maria Melnik (TV-Serie
"American Gods") für meinen Geschmack zu wenig Augenmerk auf eine allgemeine
Verständlichkeit der zu lösenden Rätsel. Mitzurätseln ist leider kaum möglich,
dafür sind die Fallen zu speziell auf die Teilnehmer und ihre Fertigkeiten
abgestimmt, weshalb die Herleitung der Lösungen in der Regel zu schnell
geschieht, um als Zuschauer selbst die grauen Zellen anstrengen zu können. Auf
diese Weise wirkt das ganze Escape Game-Konzept des Films wie ein bloßes Alibi,
um die Protagonisten in tödliche Rätsel zu verwickeln, anstatt daß man die mannigfaltigen
Möglichkeiten der Rätselräume ausschöpfen würde. Die Unterhaltsamkeit
des Szenarios mindert das immerhin kaum, was auch für ein paar arg
offensichtliche Neben-Rätsel (wie ein immer wieder vorkommender, seltsam
klingender Name) und die soliden, aber eher unauffälligen schauspielerischen Leistungen gilt.
Problematischer ist da schon, daß die Story trotz der überschaubaren
Länge von gut eineinhalb Stunden gegen Ende zunehmend generisch und
repetitiv wird, weil den Autoren offenbar irgendwann die Ideen ausgegangen
sind. Zudem erreicht "Escape Room" nie auch nur ansatzweise die
klaustrophobische Intensität von "Cube" (oder auch "Saw") –
das hängt zum Teil sicher mit der relativ jugendfreundlichen Inszenierung
zusammen, die einige grausige Szenen nicht ausspart, aber im Vergleich zu
den genannten Vorbildern doch viel harmloser ausfällt und stärker die psychologische
Komponente betont. Das Finale gerät somit etwas enttäuschend, legt aber mit
einem kleinen Cliffhanger den Grundstein für die im Sommer 2021 folgende
Fortsetzung "Escape Room 2: No Way Out". Und wenn diese die Qualität
des ersten Teils halten oder sogar steigern kann, dürften die meisten Genrefreunde
sehr zufrieden sein.
Fazit: "Escape Room" ist ein primär in
der erste Hälfte sehenswerter und spannender Psycho-Horrorfilm, der zwar wenig
Neues ins Genre einbringt, aber lange Zeit gut unterhält – bis ihm ein wenig
die Luft ausgeht.
Wertung: 7 Punkte.
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