Donnerstag, 24. Oktober 2019

PENGUIN HIGHWAY (2018)

Regie: Hiroyasu Ishida, Drehbuch: Makoto Ueda, Musik: Umitarô Abe
Sprecher der Originalfassung: Kana Kita, Yū Aoi, Megumi Han, Rie Kugimiya, Miki Fukui, Hidetoshi Nishijima, Naoto Takenaka
 Penguin Highway (2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 100% (7,7); weltweites Einspielergebnis: $4,0 Mio.
FSK: 6, Dauer: 117 Minuten.
Der aufgeweckte Neuntklässler Aoyama zählt buchstäblich die Tage, bis er erwachsen ist, er eifert seinem Wissenschaftler-Vater gemeinsam mit seinem besten Freund Uchida mit eigenen, bemerkenswert methodisch verfolgten Forschungsprojekten nach – ach, und seit Neuestem ist er besessen von Brüsten. Hauptverantwortlich dafür dürfte (neben der einsetzenden Pubertät) die hübsche, vollbusige Zahnarzthelferin sein, die gelegentlich auf Aoyama aufpaßt und ihn im Schachspiel trainiert. Als eines Tages aus heiterem Himmel Pinguine im Ort auftauchen und für Verwirrung sorgen, weil sie ebenso plötzlich wieder verschwinden, merkt Aoyama jedoch, daß es an "Onee-san" (bedeutet ungefähr "große Schwester") noch wesentlich Interessanteres gibt als ihre Oberweite – denn eines Tages beobachtet er, wie sie einen der Pinguine scheinbar aus dem Nichts erschafft! Da sie sich das selbst nicht erklären kann, will Aoyama der Sache auf den Grund gehen. Das ist allerdings nicht das einzige zu lösende Mysterium, denn Aoyamas ähnlich wißbegierige Mitschülerin Hamamoto (deren Vater ebenfalls Forscher ist) führt ihn und Uchida zu einer großen, schwebenden Wasserkugel, auf die sie jenseits des nahen Waldes gestoßen ist. Es stellt sich heraus, daß es eine Verbindung zwischen diesem merkwürdigen Gebilde und Onee-sans Pinguinen zu geben scheint …

Kritik:
Weil das über Jahrzehnte hinweg für seine poetischen, tiefgründigen Zeichentrick-Meisterwerke von Hayao Miyazaki ("Wie der Wind sich hebt") und anderen global gefeierte japanische Studio Ghibli in den letzten Jahren an Bedeutung verlor und sich 2014 sogar aus der Filmproduktion zurückzog (bis Mitgründer Miyazaki für den für 2020 geplanten "How Do You Live?" doch noch einmal aus dem Ruhestand zurückkehrte), versuchen andere Studios und Filmemacher, in die großen Fußstapfen zu treten. Vor allem Makoto Shinkai tat sich mit seinem Welterfolg "Your Name." und dem ebenfalls gefeierten Nachfolger "Weathering with You" hervor, auch Mamoru Hosoda ist dank dem wunderbaren "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang", "Summer Wars" oder "Mirai" ein Kandidat. Dem 31-jährigen Hiroyasu Ishida wurde bezüglich seiner Kurzfilme wie "Fastening Days" ebenfalls eine stilistische Verwandtschaft mit Ghibli nachgesagt – und diese findet sich auch in seinem Langfilmdebüt "Penguin Highway". Auf der Grundlage eines preisgekrönten japanischen Coming of Age-Romans von Tomihiko Morimi (der auch die Vorlage zum sehr gelungenen "Night Is Short, Walk On Girl" schrieb) erzählt "Penguin Highway" eine zauberhafte Geschichte mit SciFi-Elementen, die mit einer originellen, ziemlich unvorsehbaren Story und überzeugend gezeichneten, sympathischen Figuren nicht nur Genrefans ein seliges Lächeln auf die Lippen zaubern dürfte.
"Penguin Highway" richtet seine ganze Konzentration auf fünf Figuren: Aoyama, Onee-san, Hamamoto, Uchida und Schulrowdy Suzuki – ansonsten spielen einzig die Väter von Aoyama und Hamamoto eine (kleine) Rolle. Dadurch, daß Regisseur Ishida seine Aufmerksamkeit ganz diesem zentralen, ein bißchen eigenwilligen Quintett widmet, aus dem Aoyama und Onee-san noch einmal hervorstechen, kann er umso mehr Sorgfalt in deren Ausgestaltung stecken. Das rentiert sich, denn auch wenn eine gewisse Klischeehaftigkeit speziell bei dem etwas nerdigen Uchida und dem rüpelhaften Suzuki nicht zu leugnen ist, wirken die Figuren authentisch und wachsen einem schnell ans Herz, was in der deutschen Synchronfassung sicherlich auch den gut ausgewählten, engagiert zur Sache gehenden Sprechern zu verdanken ist (deren Namen ich leider nicht herausfinden konnte). Lobenswert ist, wie ernst "Penguin Highway" die jungen Protagonisten nimmt und wie detailliert deren Nachforschungen geschildert werden. Daß das niemals langweilig wird, liegt daran, daß das doppelte Mysterium, das sie untersuchen, wirklich faszinierend und spannend ist und zum Mitraten einlädt, zumal sich die Lage gegen Ende – wie bei den im Kern nicht unähnlichen Hollywood-Genreklassikern "E.T." und "Super 8" – immer dramatischer zuspitzt. Aoyama und seine Freunde müssen erleben, wie ein spannendes, aber doch relativ abstraktes "Forschungsprojekt" zu einem sie zunehmend überfordernden Ereignis mit potentiell sehr ernsten Konsequenzen mutiert.
Das treibt besonders Aoyama zu Höchstleistungen an und nimmt auch das Publikum gekonnt auf eine emotionale Achterbahnfahrt mit. Daß am Ende nicht alle Fragen beantwortet werden, mag manchen Zuschauer stören, aber ich persönlich habe kein Problem damit, daß ein paar Geheimnisse bis zum Schluß erhalten bleiben – einmal ganz abgesehen davon, daß auf diese Weise theoretisch sogar eine Fortsetzung möglich wäre … Der Animationsstil hat mir mit recht detaillierten, ausdrucksstarken Gesichtern und teils bildschönen Hintergründen gut gefallen, die Musik von Umitarô Abe fügt sich harmonisch ins Gesamtbild ein und auch der Humor kommt nicht zu kurz – zwar ist er manchmal etwas kindisch (was man dem Film angesichts seiner kindlichen Protagonisten schwerlich vorwerfen kann), aber oft sehr witzig. Vor allem aber gelingt es "Penguin Highway" wie den besten Coming of Age-Filmen (ob nun real oder animiert), seine Zuschauer zum Lachen und zum Staunen zu bringen und dazu, in Erinnerungen an die eigene Kindheit zu schwelgen und an die Abenteuer, die man damals mit guten Freunden erlebt hat (oder gerne erlebt hätte). Eben ganz so wie die Filme aus dem Hause Ghibli.

Fazit: "Penguin Highway" ist ein bezauberndes Coming of Age-Animationsabenteuer mit SciFi-Elementen, das mit glaubwürdigen, sympathischen Figuren und einer ziemlich originellen Story sehr viel richtig macht.

Wertung: Knapp 8,5 Punkte.


"Penguin Highway" wird im Rahmen der KAZÉ Anime Nights am Dienstag, 29. Oktober 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen sein. Eine Rezensionsmöglichkeit wurde mir von Themrock PR & Promotion zur Verfügung gestellt.


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