Als der Tod von David Bowie bekannt wurde, konzentrierten sich die meisten der unzähligen Nachrufe nachvollziehbarerweise vor allem auf seine stilprägende Rolle als Musiker. Da ich aber ein Filmblog betreibe, möchte ich mit ein paar Sätzen auch an den Schauspieler David Bowie erinnern.
Denn Bowie war ein richtig guter Schauspieler. Das ist vielleicht gar nicht so überraschend, schließlich verkörperte er bereits auf der Bühne sehr überzeugend diverse Kunstfiguren, auch sein prägnantes, androgynes Aussehen war sicher dabei hilfreich, ihn in Filmen hervorstechen zu lassen. Als ich erstmals mit dem Schauspieler David Bowie Bekanntschaft machte, muß das zu Beginn der 1990er Jahre gewesen sein. Ich war gerade ins Teenager-Alter gekommen, entdeckte meine Leidenschaft für das Fantasy-Genre und stolperte irgendwann auch über den familienfreundlichen Fantasyfilm "Die Reise ins Labyrinth" aus der Schmiede von "Muppets"-Schöpfer Jim Henson. Zugegeben: Damals war es vor allem die bezaubernde Hauptdarstellerin, die meine Aufmerksamkeit erregte (eine zarte 14 Jahre alte Jennifer Connelly), doch auch David Bowies exzentrische Performance als böser babyraubender Goblinkönig mit magischen Kräften (Herrscher über das titelgebende Labyrinth voller Fallen und phantasievoll gestalteter Puppen-Monster) blieb mir positiv in Erinnerung.
Wie ich in den folgenden Jahren herausfand, spielte David Bowie sonst jedoch deutlich ernstere Rollen. Am berühmtesten ist wohl sein Hauptdarsteller-Debüt in dem philosophischen Science Fiction-Drama "Der Mann, der vom Himmel fiel" (1976) von "Wenn die Gondeln Trauer tragen"-Regisseur Nicolas Roeg. Die Rolle des Aliens, das inkognito auf die Erde kommt, um große Mengen Wasser für seinen Heimatplaneten aufzutreiben, und ein erfolgreiches Unternehmen gründet, um seine Rückkehr zu finanzieren, paßte ziemlich perfekt zu Bowies Bühnenrolle "Ziggy Stardust" und seinen Erfolgssongs mit Weltraum-Thematik wie "Space Oddity", "Life on Mars" oder "Starman". Seine stärkste Leistung bot Bowie meiner Meinung nach 1983 in Nagisa Oshimas Kriegsgefangenen-Drama "Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence" über die erbitterte Haßliebe zwischen einem britischen Offizier und dem sehr strengen Leiter eines japanischen Kriegsgefangenenlagers im Zweiten Weltkrieg (übrigens ebenfalls von einem hauptberuflichen Musiker verkörpert, nämlich dem später für seinen Soundtrack zu "Der letzte Kaiser" OSCAR-prämierten Ryuichi Sakamoto, der aktuell mit "The Revenant" in den Kinos vertreten ist). Die Verfilmung eines Romans von Laurens van der Post erhielt bei der Veröffentlichung gemischte Kritiken, hat sich im Laufe der Jahre aber einen verdienten Klassikerstatus erarbeitet, denn "Furyo" ist ein intelligenter, ebenso ungewöhnlicher wie packender und zugleich bewegender Anti-Kriegsfilm. Zu den weiteren erinnerungswürdigen Filmen und Rollen Bowies zählen der erotische Vampir-Thriller "Begierde" aus dem Jahr 1983 (auch die Rolle als altersloser Vampir war wie geschaffen für ihn), der Pontius Pilatus in Martin Scorseses Skandalfilm "Die letzte Versuchung Christi" (1988), Andy Warhol in Julian Schnabels Künstlerportrait "Basquiat" (1996) und der Erfinder Nikola Tesla in Christopher Nolans kunstvollem Verwirrspiel "Prestige – Die Meister der Magie" (2006).
Natürlich spielte und spielt auch Bowies Musik eine große Rolle im Kinogeschäft. Es dürfte nur wenige Musiker geben, deren Lieder so oft in Filmen verwendet werden wie die von David Bowie. Es sind Dutzende Filme, die auf seine vielen Hits zurückgreifen, mit "Life on Mars" und dem Spin-Off "Ashes to Ashes" wurden zwei britische Kultserien sogar nach Bowie-Songs benannt (und auch Computerspiele wie "Alan Wake" oder "GTA IV" kommen nicht ohne Bowies Musik aus). Wes Anderson verwendete in "Die Tiefseetaucher" sogar eine ganze Armada von Bowie-Liedern, allerdings ins Portugiesische übersetzt und vorgetragen von Seu Jorge! In nicht wenigen Filmen veredeln Bowies Songs besonders unvergeßliche Szenen (z.B. "Space Oddity" im spanischen Science Fiction-Drama "Eva" oder "Heroes" in dem Coming of Age-Meisterwerk "Vielleicht lieber morgen") – und natürlich konnte Regieveteran Ridley Scott in "Der Marsianer" nicht auf "Starman" verzichten ("Life on Mars" war ihm wohl doch zu offensichtlich) ...
Am 10. Januar 2016 erlag David Bowie im Alter von 69 Jahren einem Krebsleiden – doch seine Kunst ist unsterblich.
R.I.P.
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