Originaltitel: Chef
Regie und Drehbuch: Jon Favreau
Darsteller: Jon Favreau, John Leguizamo, Sofía Vergara,
Emjay Anthony, Scarlett Johansson, Dustin Hoffman, Bobby Cannavale, Oliver
Platt, Amy Sedaris, Jose C. Hernandez "Perico", Robert Downey Jr.
FSK: 6, Dauer: 114 Minuten.
Carl Casper (Jon Favreau, "Iron Man 3") war einst
der angesagte neue Koch in Los Angeles schlechthin. Zehn Jahre später ist er
immerhin Chefkoch des erfolgreichsten Restaurants der Stadt, allerdings hält
dessen konservativer Besitzer Riva (Dustin Hoffman, "Barney's Version") Carl an der kurzen Leine: Er soll gefälligst immer die bewährte
Speisekarte anbieten, die das Restaurant so beliebt gemacht hat. Aus Rivas
Sicht nachvollziehbar, allerdings kann Carl so seine Kreativität kaum noch
ausleben. Als das zu einer richtig miesen Kritik des einflußreichen Foodbloggers Ramsey
Michel (Oliver Platt, "X-Men: Erste Entscheidung") samt anschließender
öffentlicher Twitter-Schlammschlacht führt, steht Carl unvermittelt ohne Job da. Nach einigem Zögern entscheidet er sich, eine alte Idee seiner Ex-Frau Inez (Sofía
Vergara, "Machete Kills") aufzugreifen und einen Foodtruck zu
starten, in dem er und sein loyaler Kollege Martin (John Leguizamo, "The Happening") selbst kreierte, kubanisch geprägte Speisen anbieten. So ganz nebenbei ergibt sich
bei der Fahrt mit dem Foodtruck von Chicago zurück nach L.A. für Carl auch die Chance,
die Beziehung zu seinem bei der Mutter lebenden, die Sommerferien aber bei ihm
verbringenden zehnjährigen Sohn Percy (Emjay Anthony, "Die Bestimmung –
Insurgent") zu intensivieren …
Kritik:
Jon Favreau machte sich in den 1990er Jahren einen
(bescheidenen) Namen als Hollywood-Schauspieler. Trotz (meist nur kleinerer) Parts in
bekannten Filmen wie "Mrs. Parker und ihr lasterhafter Kreis",
"Deep Impact", "Very Bad Things", "Daredevil" und einer Hauptrolle in Doug Limans kultiger Indie-Komödie
"Swingers" blieb der richtige Durchbruch in der Branche jedoch aus.
Dafür mußte er schon die Seiten wechseln, denn gleich mit seinem zweiten
Kinofilm als Regisseur – der in den USA sehr erfolgreichen Familienkomödie
"Buddy – Der Weihnachtself" – etablierte sich Favreau im Jahr 2003 in
der neuen Funktion. Zwar folgte zunächst mit dem Kinder-SF-Film "Zathura –
Ein Abenteuer im Weltraum" ein Rückschlag, doch dann ergab sich für Jon
Favreau die Chance seines Lebens: Marvel übertrug ihm die künstlerische Leitung
für "Iron Man". Das Resultat ist bekannt: "Iron Man" wurde
2008 ein Riesenerfolg, etablierte den zuvor infolge diverser Drogen- und
Alkoholeskapaden bereits für gescheitert gehaltenen Robert
Downey Jr. als einen der populärsten Schauspieler des 21. Jahrhunderts und
bildete nicht zuletzt ein sehr solides Fundament für das die folgenden Jahre
dominierende Marvel Cinematic Universe. Rückblickend sieht es allerdings fast
so aus, als wäre "Iron Man" bereits Favreaus Karriere-Höhepunkt
gewesen; die Fortsetzung war zwar ebenfalls ein kommerzieller
Hit, konnte künstlerisch aber nicht mehr so richtig überzeugen – und der
anschließende, recht konfuse Genremix "Cowboys & Aliens" mit
Daniel Craig und Harrison Ford floppte fast auf der ganzen Linie. Im Big
Budget-Bereich der Filmbranche kann ein solcher Mißerfolg ganze Karrieren ins
Schleudern bringen oder gar beenden. Doch Favreau zog wohl die richtige
Konsequenz, indem er sich auf seine Independent-Wurzeln besann und mit
"Kiss the Cook – So schmeckt das Leben!" eine günstig zu produzierende Koch-Wohlfühlkomödie
schuf.
Man kann ganz bestimmt nicht behaupten, daß "Kiss the
Cook" das Rad des Storytellings neu erfindet. Die Geschichte des Mannes in
mittleren Jahren, der sein ganzes Leben seinem Beruf gewidmet und darob seine
Familie vernachlässigt hat, nun aber zwangsweise einen Neuanfang in beruflicher wie auch privater Hinsicht wagen muß, wurde so oder ähnlich schon unzählige Male
erzählt. Fast alle Elemente sind altbekannt, ob die zu kittende
Vater-Sohn-Beziehung, die Ex-Frau, in die Carl eigentlich immer noch verliebt
ist, oder der wundersame Comeback-Erfolg des endlich wieder auf sein Herz
hörenden Kochs – lediglich die aktive Einbindung der sozialen Netzwerke (allen
voran Twitter) hebt den Film von älteren Genrekollegen etwas ab, ist aber auch
nicht mehr ganz neu. Punkten kann Regisseur und Autor Favreau an anderen
Stellen. So sind die Dialoge schwungvoll und häufig amüsant, die Zubereitung
der Speisen ist temporeich und selbst für Kochshow-Verweigerer wie mich sehr
schmackhaft inszeniert und begleitet wird das Ganze von guter hispanischer Musik (Inez' Vater wird von dem kubanischen Musiker Perico Hernandez gespielt, der dann auch einige Songs vortragen darf). Vor allem aber hat Favreau eine ungemein sympathische
Besetzung zusammengetrommelt; er selbst zeigt, daß er auch als Schauspieler
absolut das Zeug zum Hauptdarsteller hat, die Chemie mit John Leguizamo, Sofía Vergara und speziell dem jungen Emjay
Anthony ist einwandfrei.
Zudem hat Favreau seine Marvel-Connections spielen lassen
und für Nebenrollen seine "Iron Man 2"-Stars Scarlett Johansson (als
liebenswerte Kellnerin Molly) und Robert Downey Jr. (als Ex-Mann von Carls
Ex-Frau …) angeheuert. Und auch Dustin Hoffman und Oliver Platt machen ihre
Sache in eher antagonistischen Rollen gut – wobei Hoffmans Figur des
Restaurantchefs leider die mit Abstand am schlechtesten geschriebene und
widersprüchlichste des gesamten Films ist. Natürlich kann man nachvollziehen,
daß ein über 70-Jähriger nicht unbedingt mit den Feinheiten des modernen
Internet-Marketings vertraut ist; aber Riva betont zu Beginn noch ausdrücklich, wie
entscheidend es sei, daß der wichtige Foodblogger Ramsey mit dem ihm
servierten Menü zufrieden ist – nur um nach dem darauf folgenden Verriß darauf
zu bestehen, daß Carl ihm im zweiten Versuch wieder haargenau das Gleiche
auftischt! Blödsinniger geht es wirklich nicht mehr, und daß so ein Mann das
erfolgreichste Restaurant der Stadt führen soll, ergibt einfach keinen Sinn.
Viel zu auffällig ist es, daß dieses widersprüchliche Verhalten einzig dazu
dient, Carls Story in die von Favreau gewünschte Richtung zu lenken –
eigentlich ein No-Go für einen Drehbuch-Autor, aber zum Glück bleibt es bei
"Kiss the Cook" der einzige solche Ausrutscher und ist deshalb
verzeihlich.
Fazit: "Kiss the Cook – So schmeckt das
Leben!" ist eine sommerleichte Kochkomödie mit hohem Wohlfühlfaktor, die zwar absolut
nichts Neues zu erzählen hat … das aber immerhin auf sehr sympathische Art und
Weise tut, mit einer charismatischen Besetzung und vielen Appetit machenden Kochszenen.
Wertung: 7 Punkte.
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