Freitag, 22. März 2013

JACK AND THE GIANTS (3D, 2013)

Originaltitel: Jack the Giant Slayer
Regie: Bryan Singer, Drehbuch: Darren Lemke, Christopher McQuarrie, Dan Studney, Musik: John Ottman
Darsteller: Nicholas Hoult, Eleanor Tomlinson, Ewan McGregor, Stanley Tucci, Ian McShane, Bill Nighy, Eddie Marsan, Ewen Bremner, Ralph Brown, Warwick Davis, Simon Lowe, Ben Daniels, Christopher Fairbank
Jack the Giant Slayer
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 52% (5,7); weltweites Einspielergebnis: $197,7 Mio.
FSK: 12, Dauer: 114 Minuten.

England, irgendwann im Mittelalter: Vor langer Zeit hat der legendenumwobene König Erik der Große eine Invasion der Riesen beendet, indem er aus dem steinernen Herzen eines der Ungetüme eine zaubermächtige Krone schmieden ließ, mit der man über die Riesen befehlen kann. Als Erik, der die Riesen zurück in ihr Reich schickte, starb, wurde die Krone mit ihm begraben, ebenso eine Handvoll von Zauberbohnen, mit denen man gewaltige Bohnenranken bis hinauf ins Reich der Giganten wachsen lassen kann. Der verschlagene Roderick (Stanley Tucci, "Die Tribute von Panem"), oberster Berater des aktuellen Königs (Ian McShane, "Snow White and the Huntsman") und designierter Bräutigam der abenteuerlustigen Prinzessin Isabelle (Eleanor Tomlinson, "Alice im Wunderland"), stiehlt unbemerkt Krone und Bohnen. Auf Umwegen landen letztere allerdings bei dem unbedarften Bauernsohn Jack (Nicholas Hoult, "Warm Bodies"), der schon seit langem davon träumt, endlich aus seinem armseligen Pachthof herauszukommen und die große weite Welt kennenzulernen. Dazu erhält er schneller als erwartet Gelegenheit, denn als eine der Zauberbohnen mit Wasser in Berührung kommt, entfaltet sie ihre Kräfte – und nimmt dummerweise die Prinzessin mit in die Höhe, die sich auf der Flucht vor einem Unwetter gerade in Jacks Haus geflüchtet hatte. Der König entsendet sofort einen Rettungstrupp, der von dem edlen Ritter Elmont (Ewan McGregor, "Lachsfischen im Jemen") angeführt wird, dem sich jedoch Roderick und Jack anschließen. Und am anderen Ende der Ranken freuen sich die Riesen bereits über die Aussicht, endlich wieder leckeres Menschenfleisch kosten zu können ...

Kritik:
"Jack and the Giants" ist eine Adaption des populären englischen Volksmärchens "Jack and the Beanstalk" (in deutschen Märchensammlungen: "Hans und die Bohnenranke"). Allerdings haben die drei Drehbuch-Autoren nicht viel mehr als das Grundgerüst und ein paar Details beibehalten und das Ganze ein wenig mit einem anderen, außerhalb Großbritanniens weniger bekannten Märchen ("Jack the Giant Killer") durchmischt. "X-Men"-Regisseur Bryan Singer hat aus diesen Ingredienzien ein harmloses und leider auch ziemlich seelenloses Familien-Fantasyabenteuer gemacht, das zwar phasenweise gefällt, sein (passenderweise) gigantisches Budget von fast $200 Mio. aber nicht rechtfertigt.

Dabei beginnt der Film recht vielversprechend: Nach einem schön animierten Prolog, der an jenen von Guillermo del Toros "Hellboy 2" erinnert, lernt das Publikum zunächst die beiden Protagonisten der Geschichte näher kennen, Jack und Prinzessin Isabelle. Dabei arbeitet Bryan Singer geschickt die auffälligen charakterlichen Gemeinsamkeiten der beiden heraus und erklärt somit ganz nebenbei, warum sich Jack und die hübsche Prinzessin trotz der gewaltigen Standesunterschiede bereits bei ihrem ersten zufälligen Treffen voneinander angezogen fühlen. Einen ersten Dämpfer gibt es jedoch kurz darauf, als Roderick eingeführt wird. Trotz Stanley Tuccis wunderbar diabolischer Verkörperung läßt sich ab seiner ersten Szene nicht übersehen, daß "Jack and the Giants" einer dieser Filme ist, in denen von vornherein klar ist, wer gut und wer böse ist. Graustufen? Gibt es nicht. Charakterentwicklung? Ein Fremdwort. Es ist allzu offensichtlich, daß sich die Geschichte in dramaturgischer Hinsicht vor allem an Kinder richtet – zugegeben, das ist bei einer Märchen-Verfilmung nicht so ungewöhnlich, aber wie man es zumindest ein bißchen besser macht, hat Sam Raimi in seinem fast parallel veröffentlichten "Die fantastische Welt von Oz" vorgemacht. Mag man auch zurecht kritisieren, daß dort die Entwicklung der Figuren recht überhastet und nicht immer ganz nachvollziehbar vonstatten geht – wenigstens gibt es eine. In "Jack and the Giants" verändert sich nicht einmal Jack wirklich. Zwar ist er zu Beginn ein unerfahrener Bauernjunge, der später Heldentaten vollbringt; aber daß er das nicht bereits früher getan hat, liegt einzig und allein am Mangel an Gelegenheiten, nicht daran, daß er sich großartig verändert hätte oder charakterlich gewachsen wäre. Elmont ist der edle Ritter, Roderick ist der fiese Bösewicht, Jack und Isabelle sind das romantische Liebespaar in spe. Die Fronten sind also von vornherein klar abgesteckt, selbst minimale Änderungen nicht zu erwarten. Umso kurioser ist es, daß "Jack and the Giants" trotz dieser kindgerechten Dramaturgie ob einiger etwas heftigerer Szenen in Deutschland zurecht eine FSK12-Freigabe erhalten hat, während den inhaltlich erwachseneren "Die fantastische Welt von Oz" schon 6-jährige sehen dürfen.

Erträglicher gemacht wird die schablonenhafte Figurenkonstellation durch die hervorragende Besetzung der Hauptrollen. Wie bereits erwähnt gibt Stanley Tucci wieder einmal einen idealen Fiesling, Ewan McGregor sorgt als verschmitzter Ritter ohne Fehl und Tadel für gute Laune und die Chemie zwischen Nicholas Hoult und der relativen Newcomerin Eleanor Tomlinson paßt ebenfalls. Dazu gesellen sich die Routiniers Ian McShane als König Brahmwell und (in der Originalfassung) Bill Nighy ("Radio Rock Revolution") als Sprecher des Anführers der Riesen. Leider sind die Nebenfiguren, die gerade bei einem Film mit inhaltlichen Schwächen viel retten könnten, uninteressant bis nervig (Rodericks Helfershelfer Wicke) und haben sowieso nur wenig zu tun, was nicht unbedingt zu einer authentischen und lebendigen Filmwelt beiträgt. Selbst theoretisch etwas Abwechslung versprechende Ansätze wie ein Machtkonflikt unter den Riesen werden nicht konsequent weiterverfolgt.

Das größte Problem ist jedoch, daß die Story über weite Strecken gefühl- und seelenlos vor sich hinplätschert wozu die extreme Schwarz-Weiß-Zeichnung der Figuren und deren daraus resultierende unterentwickelte emotionale Bindung zum Publikum natürlich ihren Teil beitragen. Zwar gibt es gelegentliche Mini-Highlights, wenn beispielsweise der erste Riese, dem man begegnet, zunächst interessiert einem panisch flüchtenden Ritter hinterhersieht, um ihn dann mit drei schnellen Schritten problemlos einzuholen und beiläufig K.O. zu schlagen. Aber es fehlt ein richtiger Erzählfluß und eigentlich sogar ein überzeugender Spannungsbogen. Man amüsiert sich verhalten über ein paar Gags, staunt gelegentlich über die visuellen Effekte und gruselt sich sogar ein bißchen in der Riesenküche. Und zwischendurch ertappt man sich immer wieder, wie man leicht gelangweilt auf die Uhr schaut. Selbst die Musik von John Ottman ("Superman Returns") läuft bezeichnenderweise erst während des Abspanns zur Hochform auf.

Ein großer Teil der beeindruckenden Produktionskosten ging selbstverständlich für die visuellen Effekte drauf, vor allem für die Erschaffung der Riesen. In Internetforen wurde ab der ersten Trailerveröffentlichung viel über die angeblich schlechten Spezialeffekte geschimpft, aber meiner Ansicht nach beruht das auf einem fehlenden Verständnis der Absichten der Filmemacher. Ja, die Riesen wirken unnatürlich, unmenschlich. Aber das ist eindeutig so gewollt. Regisseur Singer wollte die Giganten eben nicht einfach nur als überdimensionierte Menschen zeigen, wie es (schon aus praktischen Gründen) oft gemacht wird; sondern als eigenständige Lebewesen, die zwar humanoid sind, aber ansonsten wenig mit homo sapiens zu tun haben. Dieses Ziel hat er erreicht, auch wenn es letztlich Geschmackssache ist, ob man das Kreaturendesign goutiert oder nicht. Die Bewegungsanimationen der Riesen sind jedenfalls (soweit ich als Technik-Laie das beurteilen kann) durchaus überzeugend; nicht auf Gollum- oder King Kong-Niveau, aber mit Sicherheit auch nicht schlecht. Ähnlich verhält es sich mit dem 3D-Einsatz: An die Qualität von "Die fantastische Welt von Oz" reicht "Jack and the Giants" nicht heran, Grund zur Klage gibt es – abgesehen von wenigen Momenten, in denen die Hintergründe etwas verschwommen wirken – aber auch nicht. Erstaunlicherweise (und meiner Meinung nach: erfreulicherweise) verzichtet Singer im Gegensatz zu Sam Raimi in dessen "Oz"-Film sogar fast vollständig auf die in diesem Genre so beliebten "in die Kamera hineinfliegenden" Gegenstände. Was man wiederum aber auch als ein weiteres Zeichen für ein nicht ideales Zielgruppenmanagement deuten könnte, denn eigentlich sollten solche Pop-Out-Effekte zu "Jack" besser passen als zu "Oz". Was auch immer die Erklärung dafür letztlich sein mag: Singers Film spielte im Kino nur mit Hängen und Würgen seine Produktionskosten wieder ein und ist damit in kommerzieller Hinsicht ein ziemlicher Flop (sehr grob gerechnet muß ein Film das doppelte seines Budgets einspielen, damit das Produktionsstudio letztlich ins Plus kommt).

Fazit: "Jack and the Giants" bietet anspruchslose Familienunterhaltung mit guter Besetzung und einigen Schauwerten, leidet aber unter einer lahm erzählten Story und einer deutlich unterentwickelten Figurenzeichnung.

Wertung: 6 Punkte.


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