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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 18. Mai 2022

SPIDER-MAN: NO WAY HOME (2021, 3D)

Regie: Jon Watts, Drehbuch: Chris McKenna und Erik Sommers, Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Benedict Cumberbatch, Jacob Batalon, Marisa Tomei, Jon Favreau, Alfred Molina, Jamie Foxx, Willem Dafoe, Thomas Haden Church, Rhys Ifans, Andrew Garfield, Tobey Maguire, Benedict Wong, J.K. Simmons, Tony Revolori, Angourie Rice, Martin Starr, J.B. Smoove, Hannibal Buress, Arian Moayed, Charlie Cox, Tom Hardy
Spider-Man: No Way Home (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 93% (7,9); weltweites Einspielergebnis: $1901,2 Mio.
FSK: 12, Dauer: 149 Minuten.
Ja, es ist wirklich passiert: Nachdem Spider-Man (Tom Holland, "Die versunkene Stadt Z") in London den Fake-Superheld Mysterio und seine Drohnenarmee besiegt hat, wurde er von dem Videoblogger J.J. Jameson (J.K. Simmons, "La La Land") als 17-jähriger Peter Parker geoutet und anhand eines manipulierten Videos als Mörder von Mysterio angeprangert. Für Peter und seine Freunde MJ (Zendaya, "Dune") und Ned (Jacob Batalon, "Tage wie diese") ist das ein Schock, auch Tante May (Marisa Tomei, "The Wrestler") und Happy Hogan (Jon Favreau, "Iron Man 3") müssen damit erstmal zurechtkommen, zumal Peter gar wegen diverser vermeintlicher Verfehlungen als Spider-Man angeklagt wird. Zwar werden die Klagen schnell fallengelassen und viele verehren Peter alias Spider-Man weiterhin als Held, von anderen schlägt ihm dagegen Abneigung und sogar Haß entgegen, weil er den edlen Mysterio ermordet habe. Schließlich wendet sich Peter in seiner Not an seinen Mit-Avenger Doctor Strange (Benedict Cumberbatch, "The Power of the Dog"), der tatsächlich einen Ausweg kennt: Mit einem Zauber kann er dafür sorgen, daß alle Menschen Peters Superhelden-Identität vergessen! Leider mißlingt der Zauber, da Peter währenddessen immer mehr Personen einfallen, die von der Wirkung ausgeschlossen sein sollen – und dummerweise stellt sich bald heraus, daß es sogar einige problematische Nebenwirkungen gibt. Durch den gescheiterten Zauber sind nämlich einige Spider-Man-Gegner aus anderen Universen in dieses hereingezogen worden, wo sie nun Peter ans Leder wollen ...

Kritik:
Es ist also soweit: Das Marvel Cinematic Universe tritt nun endgültig in die Phase ein, in der das Multiversum eine entscheidende Rolle spielt. Ansatzweise war das ja bereits in "Avengers: Endgame" der Fall (mit Lokis "Wiederbelebung" durch Zeitreise), unter den Disney+-Serien befaßte sich das animierte "What if …" noch stärker damit und in "Spider-Man: No Way Home" bringt Jon Watts in seinem dritten "Spider-Man"-Film nacheinander erstmals auf der großen Leinwand Figuren aus früheren cineastischen Inkarnationen der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft ins MCU. Hätte ich den unmittelbar an die spektakuläre finale Enthüllung von "Spider-Man: Far From Home" anknüpfenden "No Way Home" zum Kinostart gesehen, hätte ich mich mit Sicherheit schwergetan, eine angemessene Kritik ohne riesengroße Spoiler zu verfassen. Nun, rund fünf Monate kann ich im Folgenden wohl zumindest problemlos auf die in größeren Rollen auftretenden Gäste aus den früheren "Spider-Man"-Filmen eingehen kann – echte Cameos werde ich nicht erwähnen. Der lange geheimnisumwitterte Zusammenprall des MCU-Spidey mit Sam Raimis "Spider-Man"-Trilogie von 2002 bis 2007 und den beiden "The Amazing Spider-Man"-Filmen von 2012 und 2014 sorgte naturgemäß für Hochspannung bei den zahllosen Fans des Franchises und machte "No Way Home" mit einem Einspielergebnis von sagenhaften fast $1,9 Milliarden zum global dritterfolgreichsten MCU-Vertreter (nach "Avengers: Endgame" und "Avengers: Infinity War"). Und das Beste ist: "Spider-Man: No Way Home" ist nicht einfach nur ein selbstzweckhaftes Festival des Fanservice, sondern ein richtig guter Film, der die Gäste aus den anderen Universen sinnvoll in die Handlung integriert!

Die seit langem als Team arbeitenden Drehbuch-Autoren Chris McKenna und Erik Sommers ("Jumanji: Willkommen im Dschungel", "Ant-Man and the Wasp"), die bereits für die vorherigen "Spider-Man"-Solofilme im MCU verantwortlich zeichneten, haben diesbezüglich ganze Arbeit geleistet. Fünf frühere Spidey-Antagonisten bringen sie zurück: Dr. Otto "Doc Ock" Octavius (Alfred Molina, "Prince of Persia"), Max "Electro" Dillon (Jamie Foxx, "Django Unchained"), Norman "Grüner Kobold" Osborn (Willem Dafoe, "Der Leuchtturm"), Flint "Sandman" Marko (Thomas Haden Church, "Killer Joe") und Dr. Curt "Lizard" Connors (Rhys Ifans, "Radio Rock Revolution"). Überraschenderweise gelingt es Peter mit der Hilfe seiner Freunde recht schnell, das Quintett einzufangen und für den Rücktransport in ihre Universen vorzubereiten, als alle eine überraschende Erkenntnis befällt: Zumindest einige der fünf Kreaturen wurden unmittelbar vor ihrem Tod ins MCU-Universum gezogen – sie zurückzuschicken würde also bedeuten, sie direkt in den Tod zu schicken. Während Doctor Strange damit keine Probleme hat, stellt sich Peter dank des Einflusses seiner Tante May gegen ihn und will zumindest versuchen, dem Quintett zu helfen, indem es sie wieder in einfache Menschen zurückverwandelt und damit ihr Schicksal verändert (ja, über die Logik kann man streiten). Damit werden die fünf einstigen Antagonisten auf unerwartete Weise sogar zu einer Art Verbündeten von Peter (wobei Sandman sich ja bereits in Raimis "Spider-Man 3" mit "seinem" Peter Parker versöhnte), welche mit ihm zusammenarbeiten müssen, um ihr Leben zu retten – was einigen leichter fällt als anderen.

Die Ex-Bösewichte dergestalt in die Handlung einzubinden, erweist sich als ausgesprochen clevere Idee, da man so teilweise neue Facetten an ihnen entdeckt und der Storyverlauf relativ unvorhersehbar bleibt. Natürlich geht letztlich etwas schief und Peter erhält aus den anderen Universen noch überraschende Unterstützung, aber wie genau sich das abspielt, ist richtig gut gemacht. Obwohl "No Way Home" insgesamt klar düsterer ausfällt als die beiden vorherigen Solofilme mit Tom Holland, macht der Film durchgehend viel Spaß, zumal das Multiversum von den beiden Autoren für zahlreiche meist gelungene Gags, Zitate und Anspielungen genutzt wird (unabhängig vom Multiversum, aber trotzdem toll: Die Freiheitsstatue von New York ist gerade wegen Bauarbeiten gesperrt, da ihre Fackel durch einen Captain America-Schild ersetzt wird!). Fanservice, ja, aber wirklich gut und clever gemachter Fanservice mit reichlich denkwürdigen Momenten! Ganz tadellos ist "No Way Home" allerdings nicht. Drei größere Probleme ergeben sich: Erstens wirkt es wenig glaubwürdig, wie bereitwillig Doctor Strange einen offensichtlich dermaßen gefährlichen Zauber einsetzt, nur um Peter und seinen Freunden das Leben etwas leichter zu machen. Klar, wir kennen Stephen Strange als risikobereiten, sehr selbstbewußten und eher regelaversen Typen, dem so etwas grundsätzlich schon zuzutrauen ist – und Peters Störungen ergeben als Grund für das totale Mißlingen des Zaubers ebenfalls Sinn. Trotzdem: Als Ursache für etwas so buchstäblich Welterschütterndes wie die Öffnung des Multiversums wirkt "Bitte laß die Leute vergessen, daß ich Spider-Man bin" ziemlich albern. Ähnlich sieht es später damit aus, daß Peter sich gegen Doctor Strange wendet und damit – wenn auch aus idealistischen Gründen heraus – noch einmal sehr viel riskiert, nachdem er bereits mitansehen mußte, wie sehr das in die Hose gehen kann. Positiv hervorzuheben ist allerdings, daß in der Story sehr wohl auf Peters Verantwortung für alles, was passiert, eingegangen wird, was diesen mutmaßlich noch längere Zeit im MCU beschäftigen wird.

Der letzte größere Kritikpunkt ist das Fehlen eines ernstzunehmenden Oberschurken. So sehr man sich als Fan über das Wiedersehen mit Doc Ock, Grünem Kobold und Co. freuen mag, bleibt doch festzuhalten: Alle haben bereits einmal gegen einen Spider-Man verloren und sind – obwohl nun natürlich zunächst klar in der Überzahl – nur bedingt glaubwürdig als Bedrohung für einen Spider-Man, der zuvor immerhin (wenn auch nicht allein) gegen einen gewissen Thanos triumphierte. Dieser Punkt ließ sich angesichts der Prämisse vermutlich kaum verhindern; man hätte vielleicht zusätzlich zu den Rückkehrern einen neuen, noch stärkeren Schurken einführen können, aber das Ensemble ist sowieso schon groß genug, weshalb dann andere Figuren noch stärker an den Rand gedrängt worden wären. Insofern ist die gewählte Lösung nicht perfekt, aber absolut in Ordnung. Wie eigentlich immer im MCU keinen Grund zur Kritik liefern derweil die Spezialeeffekte. Gerade wenn man sich vorher nochmal die alten Spidey-Filme angesehen hat, fällt auf, welch großen Schritt nach vorne der CGI-Einsatz in den letzten 15, 20 Jahren gemacht hat, am deutlichsten ist das wohl an Sandman zu erkennen. Auch die 3D-Effekte sind tadellos und "No Way Home" ist tatsächlich der erste 3D-Film seit vielen Jahren, bei dem mir keinerlei Probleme wie Unschärfen oder Ghosting aufgefallen sind. Die Actionsequenzen und die Kämpfe sind erstklassig und mit etlichen Referenzen an die früheren Filme choreographiert und inszeniert und werden von der treibenden Musik von Michael Giacchino ("Doctor Strange") passend untermalt. Auch die Besetzung funktioniert wieder tadellos: Tom Holland, Zendaya und Jacob Batalon sind sympathisch wie eh und je und harmonieren wunderbar miteinander, Marisa Tomei bleibt als Tante May Stimme der Vernunft im Hintergrund, Jon Favreau sorgt als leicht tollpatschiger Happy Hogan für Lacher und die fünf hochkarätigen Bösewicht-Darsteller (von denen Ifans und Haden Church aber nicht am Set waren, sondern die CGI-Rollen nur sprechen) machen ebenfalls einen gewohnt guten Job. Sehr interessant ist natürlich zudem die Frage, wie es weitergehen wird, denn das Ende von "No Way Home" läßt das MCU durchaus (vermutlich) permanent verändert zurück. Mal abwarten, wann und wo und wie genau wir Tom Holland als Spider-Man wiedersehen werden ...

Fazit: "Spider-Man: No Way Home" ist ein äußerst unterhaltsames Superhelden-Abenteuer, das Heroen und Schurken aus früheren Spidey-Inkarnationen gut durchdacht in eine spannende Handlung integriert.

Wertung: 8,5 Punkte.
 
 
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